Schweizer Fleisch stellt Schülern PR-Aufgabe
BERN. Laut Lehrerverband boomen Lehrmittel von Firmen. Nicht alle halten sich dabei an die Regeln.
Immer mehr Firmen erstellen laut dem Lehrerverband (LCH) Material für Schulen. Wo den Kantonen und Schulen das Geld oder der gesetzliche Auftrag für Lehrmittel fehlt, springen die Unternehmen ein. Wegen des Booms dieser Lehrmittel lancierte der LCH eine Charta (siehe Box).
Doch längst nicht alle Firmen machen mit. Auf der Schulplattform Kiknet.ch finden sich zahlreiche Unterlagen, die offensiv für Produkte werben. So sollen bereits Erstklässler lernen: Für Cupcakes braucht es nicht einfach Backpulver, sondern Backpulver von Dr. Oetker. Die Milch landet von der Kuh im Tetrapak. Der Fleischverband sponsert ein Fleischdossier, kritische Aspekte wie Tierleid oder Umweltbelastung kommen nicht vor. Stattdessen sollen Schüler ein Werbeplakat für Schweizer Fleisch erstellen. Für die SP-Nationalrätin Martina Munz sind diese Lehrmittel «hochproble- matisch»: «Es kann nicht sein, dass der Fleischverband ein Lehrmittel sponsert, ohne das Tierwohl und den ökologischen Fussabdruck zu thematisieren.» Die Schulen seien in der Pflicht, solche Materialien klar abzulehnen. «Zudem muss die Politik über klare Richtlinien nachdenken.» Die CVP-Nationalrätin Andrea Gmür-Schönenberger findet eine Verban- nung solcher Lehrmittel unnötig. «Unsere Lehrer sind sehr kritisch und erkennen doch, woher die Lehrmittel stammen und ob sie ausgewogen sind.»
Laut Reto Braun, Leiter von Kiknet.ch, verzeichnet die Plattform rund 30000 Downloads pro Monat. Die meisten Materialien seien mit der LCH-Charta konform. Die genannten Lehrmittel seien Einzelfälle. «Diese nehmen wir sehr ernst. Wir werden sie bei der nächsten Überarbeitung mit unserem Lehrerteam genau anschauen.» Der Fleischverband war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar.