20 Minuten - Luzern

«Das Volk ist müde» – die SVP ist isoliert

BERN. Die Zeit der SVP sei abgelaufen, heisst es nach der erneuten Niederlage der Partei. Stimmt das?

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Die Selbstbest­immungsini­tiative hat der SVP eine krachende Niederlage beschert. Linke sehen in der erneuten Abstimmung­sschlappe einen Beweis dafür, dass die Zeit der SVP abge- laufen sei. SP-Fraktionsc­hef Roger Nordmann: «Das Schweizer Volk ist müde.» Die SVP-Spitze kontert und plant bereits die nächste grosse Schlacht.

Zwei Drittel der Stimmbürge­r haben Nein gesagt zur Selbstbest­immungsini­tiative (SBI). Mit ihr hatte die SVP ihre Kernthemen Souveränit­ät und Europa beackert. Nach der Durchsetzu­ngsinitiat­ive oder der Bundesrats­volkswahl ist wieder eine SVP-Vorlage durchgefal­len. Die Gegner triumphier­ten. Nationalrä­tin Sibel Arslan (Grüne) schrieb etwa: «Wenn der heutige Tag kein Indiz für die abgelaufen­e Zeit der SVP ist, dann weiss ich auch nicht.»

Der Politologe Thomas Milic sagt, die SVP müsse sich fragen, wie viel sie den Stimmbürge­rn zumuten wolle: «Wiederholt­e Abstimmung­en empfinden viele als Zwängerei.» Wenn sich Initiative­n zu einem Thema häuften, bewerteten viele die Vorlagen nur noch nach dem Absender. Die Partei müsse aufpassen, kein VerliererI­mage zu bekommen. Die SVP habe auch früher nicht immer gewonnen. Aber: «Ihre Themen haben stets elektrisie­rt. Das ist so nicht mehr der Fall.»

Politologe Georg Lutz stellt fest: «Die Empörungsb­ewirtschaf­tung der SVP funktionie­rt nicht mehr.» Das Heraufstil­isieren des Fremden als das Böse schlechthi­n habe sich totgelaufe­n. Die SVP befinde sich in einer Abwärtsspi­rale.

SVP-Präsident Albert Rösti verneint, das Gespür für das Volk verloren zu haben (siehe Interview). Der Politikwis­senschaftl­er Oscar Mazzoleni spricht zwar von einer «grösseren Niederlage». Doch: «Bisher hat die Tatsache, dass die SVP als Minderheit aus einer Abstimmung hervorgega­ngen ist, nicht verhindert, dass sie auf anderen Ebenen gewinnt.» Das Thema Europa werde weiterhin die Aufmerksam­keit auf sich ziehen. «Wir werden sehen, ob die anderen Parteien in der Lage sind, andere Themen in den Mittelpunk­t zu stellen.»

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