20 Minuten - Luzern

«Meine Töchter lassen sich das Kopftuch nicht verbieten»

ZÜRICH. Die Töchter von A. A. tragen seit der Primarschu­le ein Kopftuch. Sie sagt, wieso und welche Vorurteile sie erleben.

- JULIA KÄSER

Frau A.*, Ihre Töchter (10 und 13) tragen ein Kopftuch. Wieso? Weder mein Mann noch ich haben sie gezwungen. Beide begannen vor der ersten Klasse, ab und an eines zu tragen, etwa auf dem Spielplatz. Ich sagte zur Jüngeren, dass sie noch warten könne. Beide bestanden aber aufs Kopftuch und tragen es seit ihrem zehnten Lebensjahr. Es gehört für sie zum «Hübschmach­en» dazu.

Warum tragen Sie selbst eines? Es ist laut Koran und Sunna Pflicht. Ich bin überzeugt, dass uns Menschen zum Wohl der Gesellscha­ft nur Gutes geboten und Schlechtes verboten wurde. Ich fühlte mich unwohl, der Mode nachzurenn­en und nach Äusserem bewertet zu werden. Ich trage es aus Liebe zu Allah.

Wieso fanden Sie, dass Ihre Siebenjähr­ige zu jung dafür sei? Man muss mit vielen negativen Reaktionen rechnen, gerade nach Anschlägen. Teils kam es zu heftigen verbalen Attacken. Davor wollte ich sie schützen. Eine Siebenjähr­ige kann diese Feindselig­keit nicht begreifen. Welche Reaktionen gab es aus dem Umfeld der Töchter? Hauptsächl­ich positive. Die Lehrperson­en reagierten aufgeschlo­ssen. Als meine Ältere ab der 3. Klasse mit Kopftuch zur Schule ging, erhielt sie Zuspruch vom Lehrer, der merkte, wie selbstbewu­sst sie ist. Saïda Keller-Messahli vom Forum für einen fortschrit­tlichen Islam sagt, das Kopftuch für Mädchen sei eine Art Kindsmissb­rauch.

In ihr erkenne ich keine Muslimin, die ihre Religion wirklich liebt. Man sollte doch die Mädchen fragen, ob sie mit dieser Meinung einverstan­den sind. Stört es Sie nicht, dass nur Frauen Kopftuch tragen?

Meine Töchter haben dieselben Rechte wie meine Söhne. Diskrimini­ert werden Frauen mit Kopftücher­n von der Gesell schaft, nicht vom muslimisch­en Mann.

Was würde ein Kopftuchve­rbot für Ihre Familie bedeuten?

Es könnte dann sein, dass meine Töchter nicht mehr in die Schule gehen möchten. Die Ältere sagte mir, ihr könne niemand das Kopftuch verbieten. Ich würde sie unterstütz­en und müsste selber unterricht­en oder Nachhilfe bezahlen.

*Name der Redaktion bekannt

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