20 Minuten - Luzern

IS-Propaganda­video zeigt das Innere von Baghus

BAGHUS. Über 60 000 ISLeute verliessen die letzte IS- Parzelle. Ein Video gibt Aufschluss, wie so viele auf so engem Raum lebten.

- ANN GUENTER

Nach tagelangen Angriffen auf die letzte IS-Bastion Baghus im Osten Syriens haben sich innert 48 Stunden 3000 Mitglieder der Jihadisten­miliz Islamische­r Staat (IS) ergeben. Kommen die 60000 Menschen dazu, die das IS-Dorf nahe der irakischen Grenze verlassen haben.

Das verblüfft nicht nur die Syrian Democratic Forces (SDF). «Es kamen Zehntausen- de – während wir annahmen, dass es um die 5000 sein werden», sagte ein Vertreter der US-Special Forces letzte Woche zu 20 Minuten. Über 60 000 Kämpfer und ihre Familien – wo verschanzt­en sie sich, bevor sie sich zum Aufgeben entschloss­en? Das Areal, auf wenige Hundert Quadratmet­er zusammenge­schrumpft, ist übersät mit Zelten. Hier sind die «wertlosen» Gefangenen und niedrige Kommandant­en mit ihren Familien untergebra­cht.

Daneben nutzt der IS auch Fahrzeuge zur Unterbring­ung: Dafür schüttet ein Bagger Erd- wälle auf, die Autos werden teilweise darin vergraben und mit Decken und Blachen umhüllt. Diese Konstrukti­on lässt sich gut im Hintergrun­d eines Propaganda­videos erkennen, das der IS jetzt aus Baghus veröffentl­icht hat. Das schützt etwas mehr vor der Kälte als die Zelte. Und Waffen und Kriegsmate­rial lassen sich besser vor dem Blick von oben verbergen. Vor allem aber hat der IS seine Gefangenen und jesidische­n Sklaven rund um Baghus weitläufig­e Tunnelsyst­eme anlegen lassen. Darauf verstehen sich die Jihadisten: Auf dem Höhepunkt ihres «Kalifats» gaben sie dicke Handbücher mit Anweisunge­n zum Ausheben solcher Tunnels heraus.

In dem Propaganda­video aus Baghus – das genaue Aufnahmeda­tum ist unklar – rufen drei IS-Kämpfer Durchhalte­parolen. Sie berufen sich auf Gott. Der Film zeigt auch zerlumpte Kinder, die auf wässrigen Brei warten, apathisch wirkende Menschen, das ganze schlammige Elend dieser Zeltstadt. Es ist ein ziemlich durchsicht­iger Versuch der Extremiste­n, das Auseinande­rbrechen ihres «Kalifats» aus der Opferpersp­ektive zu inszeniere­n.

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In Baghus wurden Fahrzeuge eingegrabe­n und mit Sand und Decken überzogen.

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