Quarantäne-Zug: Für Experte Überreaktion
BERN. Warum wurde am Dienstagabend ein Zug der SBB unter Quarantäne gestellt? Die Antwort überrascht den Experten.
Die Regiobahn von Bern nach Biel blieb am Dienstag um 20 Uhr am Bahnhof Lyss BE plötzlich stehen: «Wegen eines medizinischen Notfalls, hiess es über Lautsprecher», erinnert sich R. S.*, die im Zug sass. «Wir durften den Zug nicht verlassen.» Im Zug habe sie dann vernommen, dass ein Passagier Tuberkulose habe. Polizisten und Mediziner trafen auf dem Perron ein. Nach fast 30 Minuten durften die Passagiere den Wagen verlassen, mussten jedoch ihre Kontaktangaben hinterlassen. Die Kapo Bern hielt sich gestern mit Infos bedeckt. Die Rede war lediglich vom «Verdacht auf eine möglicherweise übertragbare Krankheit».
Immunologe Beda Stadler ist die Aktion unerklärlich. Es gebe sehr wenige Krankheiten, die solche Massnahmen rechtfertigen würden: «Etwa hochansteckende und sehr gefährliche Ebola-Viren oder Milzbrand-Bakterien. Oder auch eine Situation mit radioaktiven Stoffen», so der emeritierte Professor der Uni Bern.
Die Aufklärung des Falls liefert erst das Berner Kantonsarztteam: «Es stand ein Verdacht auf Tuberkulose zur Diskussion, der sich nicht bestätigt hat», so Kantonsärztin Linda Nartey. Immunologe Stadler hat dafür kein Verständnis: «Hier wurde massiv überreagiert. Tuberkulose rechtfertigt eine solche Aktion nicht.» Dass nicht besser informiert wurde, hätte die Bevölkerung erschrecken können.
*Name der Redaktion bekannt