20 Minuten - Luzern

«Schiedsric­hter haben sich nicht verbessert»

ZÜRICH. Ex- Ref Urs Meier (60) kritisiert im Interview die Videobewei­s- Praxis und warnt vor Betrügern auf dem Fussballpl­atz.

- MATTHIAS GRÖBLI

Urs Meier, Sie sind bei Teleclub bei Champions-League-Spielen als Experte im Studio. Einiges zu reden gibt der Video Assistant Referee (VAR). Was halten Sie vom Videobewei­s?

Es ist immer noch ein Mittel, das zum Teil falsch eingesetzt oder nicht eingesetzt wird und auch teilweise zu viel Zeit beanspruch­t. Es ist wie beim Airbag im Auto: Er geht zu oft auf, wenn er nicht sollte – und er geht nicht auf, wenn er müsste. Die Schiedsric­hter haben sich durch den VAR nicht verbessert. Im Gegenteil, sie haben an Persönlich­keit verloren. Es gibt noch zu viel Ungelöstes beim VAR. Deshalb sage ich: Lasst grundsätzl­ich die Schiris auf dem Platz die Entscheide treffen. Bei krassen Fehlentsch­eiden soll der VAR eingreifen. Und nur dann.

Der VAR wird ab kommender Saison auch in der Schweiz eingesetzt. Eine gute Investitio­n?

Man wendet 1,5 Millionen Franken für die VAR-Einführung auf und erhält eine Variante ohne kalibriert­e Linie für Offside-Entscheidu­ngen. Es wird also viel Geld ausgegeben für diese Technik, in der Hoffnung auf mehr Gerechtigk­eit. Was aber auf der Strecke bleibt, ist im Prinzip die Profession­alisierung der Schiedsric­hter und der Strukturen. Wir müssten viel mehr in die Schiedsric­hter investiere­n. Ab dem 1. Juni treten einige neue Fussballre­geln in Kraft, unter anderem wird unabsichtl­iches Hands strafbar, wenn daraus ein Tor oder eine Torchance entsteht …

Dann wird alles noch komplizier­ter. Bei der Handsregel herrscht bereits jetzt Chaos, es fehlt eine klare Linie bei den Schiedsric­htern. Dabei ist die bisherige Regel klar: Ist Absicht im Spiel oder eine unnatürlic­he Bewegung, ist es strafbares Hands. Doch sie wird zu oft nicht oder falsch angewendet. Meine Güte, sollen sich die Spieler denn die Arme abschneide­n? Mit der neuen Regel droht die Gefahr, dass angreifend­e Spieler den Ball mit Absicht an Arme oder Hände der Verteidige­r spielen werden. Für Diskussion­sstoff sorgen auch Theaterein­lagen von Spielern. Werden die Schwalben genügend hart sanktionie­rt? Nein. Bei diesen Unsportlic­hkeiten, zu denen auch Hands im Offensivbe­reich gehört, ist eine Gelbe Karte eine Belohnung und keine Strafe. Eine klare Schwalbe im Strafraum ist eine grobe Unsportlic­hkeit und gehört mit Platzverwe­is bestraft. Da ist das Regelwerk viel zu tolerant, auch bei Spielverzö­gerungen etwa der Goalies in der Schlusspha­se eines Spiels. Da gibts nur eins: Zeitstrafe­n bei Unsportlic­hkeiten.

«Die Schiedsric­hter haben an Persönlich­keit verloren.» Urs Meier

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SIMONA RITTER Ex-Schiri, TV-Experte, Unternehme­r: Urs Meier beim Interview-Termin im Tamedia-Gebäude.
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AP Chef auf dem Platz: Meier zeigt Monacos Zikos die Rote Karte.

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