Klimaprofessor ruft zum Konsumstreik auf
RAPPERSWIL. Kein neues Auto, keine neuen Hosen: Der Shoppingverzicht als Lösung in der Klimafrage ist umstritten.
«Wir brauchen einen Konsumstreik», sagt Henrik Nordborg, Klimaprofessor von der Hochschule für Technik Rapperswil. Wenn die Leute nicht mehr fliegen, keine neuen Autos und Kleider mehr kaufen und kein Fleisch mehr essen würden, hätte das die direkteste Wirkung aufs Klima. Kritiker kontern: «Bei einem Konsumstreik droht Arbeitslosigkeit.»
Henrik Nordborg glaubt nicht, dass sich Wirtschaftswachstum und Klimaschutz unter einen Hut bringen lassen. Der Klimaprofessor von der Hochschule für Technik Rapperswil sagt: «Global gesehen, sind der CO2-Ausstoss und die Wirtschaftsleistung gekoppelt.» Zwar habe sich seit dem Auftauchen von Greta Thunberg einiges verändert, die Politik reagiere jedoch zu träge auf die Erderwärmung: «Wir steuern auf eine Katastrophe zu.»
Einen Ausweg sieht Nordborg darin, dass die Bevölkerung den Konsum herunterfährt: «Wir brauchen einen Konsumstreik. Wenn die Leute nicht mehr fliegen, keine neuen Autos mehr kaufen, kein Fleisch mehr essen oder nicht dauernd neue Kleider kaufen, hat das die direkteste Wirkung aufs Klima.»
Würden genügend Menschen aufhören zu konsumieren, würden viele Geschäftsmodelle nicht mehr funktionieren: «Eine Airline etwa hat schnell Probleme, wenn die Auslastung sinkt.» Diese Meinung teilt laut der FAZ Graeme Maxton, Ex-Generalsekretär des Club of Rome. Er glaubt, dass Fabriken «der klimaschädlichen Industrien» in den Ruin getrieben würden, wenn die Europäer zehn Prozent weniger konsumierten.
Samuel Rutz vom Thinktank Avenir Suisse bezweifelt, dass ein Konsumstreik funktioniert: «Zuerst müssten die Konsumenten mitmachen.» Zudem drohten ein Wohlstandsverlust und die Zunahme von Arbeitslosigkeit. Hinzu komme, dass die Schweiz zu klein sei, als dass sie die Weltwirtschaft beeinflussen könne: «Das heisst nicht, dass man bei uns nichts tun soll. Doch in Ländern wie China ist der Konsumhunger gross. Jeder Liter Erdöl, der aus dem Boden geholt wird, wird auch verbraucht.»