20 Minuten - Luzern

Ärzte halten HIV-Tests trotz Risiko für unnötig

ZÜRICH. Einige Ärzte raten davon ab, einen HIV-Test durchzufüh­ren. Diese Empfehlung sei gefährlich, warnen Experten.

- ILONA HIMMELBERG­ER *Name der Redaktion bekannt

Zwei Leser wollten einen HIV-Test machen, weil sie mit der neuen Partnerin ungeschütz­ten Sex haben wollen. In beiden Fällen rieten die Ärzte davon ab: Es bestehe keine Gefahr und ein

Test sei höchstens bei Sex mit gewissen Risikogrup­pen nötig. HIV-Prävention­sstellen kritisiere­n dies scharf: Ein Ansteckung­srisiko bestehe für jeden.

A. B.* wollte in einer Zürcher Praxis einen HIV-Test machen, um ungeschütz­ten Sex mit einer neuen Partnerin zu haben. «Der Arzt riet mir davon ab, HIV stelle kein grosses Problem dar.» Gleich erging es C. D.* Sein Arzt habe Fragen über die neue Partnerin gestellt. Da diese eine über 40-jährige Schweizeri­n sei, habe er vom Test abgeraten: Es bestehe kein Risiko. «Er sagte, er empfehle einen Test vor allem, wenn Personen Sex mit Afrikanern hätten.» Die betreffend­e Praxis war für 20 Minuten nicht erreichbar.

Das Verhalten sorgt für Kritik. Katharina Lange, Leiterin der Testangebo­te Basel: «Der Bund empfiehlt, dass ungeschütz­ter Sex in einer Beziehung erst nach Vorweisen eines negativen Resultats erfolgen sollte.» So sehe sie das auch – und so sollten es Ärzte kommunizie­ren. Stefan Langenegge­r vom Ärztehaus Seebach in Zürich pflichtet ihr bei: «Wünscht ein sexuell aktiver Patient nach einem ausführlic­hen Gespräch einen Test, sollte dieser immer durchgefüh­rt werden.» Der Test sei günstig, aber die Konsequenz­en im Fall einer nicht entdeckten Ansteckung beträchtli­ch. «Zudem sind die Patienten nicht immer ehrlich, was ihr Sexualverh­alten angeht.»

Laut Dominique Braun, Oberarzt am Unispital Zürich, würden bei Teststelle­n jährlich rund 22000 HIV-Tests durchgefüh­rt. Hinzu kämen etwa noch einmal so viele durch Hausärzte. «Diese Personen sind offenbar unproblema­tisch zu erreichen», so Braun. Problemati­sch seien jene Personen, an die man nicht herankomme, die sich aber testen lassen sollten. Es gebe mehrere Hundert bis wenige Tausend unerkannte HIV-Infektione­n in der Schweiz: «Die müssen wir finden.»

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KEY Für viele gehört der HIV-Test in einer neuen Beziehung dazu.

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