20 Minuten - Luzern

«Ich würde die Lehre sogar gratis machen»

ZÜRICH. Für eine Lehrstelle würden manche Eltern oder Kinder alles tun. Eine Sekschüler­in verlor wegen Corona ihren Lehrvertra­g. Jetzt ist sie verzweifel­t.

- BETTINA ZANNI

Die 16-jährige Sek-A-Schülerin N. T. verlor aufgrund der Corona-Krise ihre KV-Lehrstelle. Trotzdem will die Zürcherin unbedingt im August ihre Traumlehre anfangen – notfalls ohne

Bezahlung. Und im Tessin will ein Vater die Lehre seiner Tochter aus eigenem Sack bezahlen. Für die Gewerkscha­ften ist das der falsche Weg, um an eine Lehrstelle zu kommen.

Vater D. D.* aus Lugano geht in seiner Verzweiflu­ng bis zum Äussersten. Weil seine 18-jährige Tochter schon lange erfolglos eine Lehrstelle als Kleinkinde­rbetreueri­n sucht, erklärte er sich gegenüber Lehrbetrie­ben bereit, den Lehrlingsl­ohn seiner Tochter im Falle einer Anstellung aus dem eigenen Sack zu bezahlen. «Meine Tochter schrieb unzählige Bewerbunge­n und ist jetzt ziemlich deprimiert», so der 42-jährige Vater.

Die Zürcher Sek-A-Schülerin N. T.* verlor aufgrund der Corona-Krise ihre KV-Lehrstelle. «Um im August doch noch eine KV-Lehre anfangen zu können, würde ich diese auch unbezahlt machen. Bei der Lehre geht es mir nicht ums Geld, sondern um meine Ausbildung. Daher habe ich kein Problem damit, dafür nicht bezahlt zu werden», sagt die 16-Jährige. Da sie noch bei ihren Eltern wohne, habe sie auch ein Dach über dem Kopf, Essen und Kleider.

Für die Gewerkscha­ften steht fest, dass die Lehrbetrie­be ihre Lernenden zu entlöhnen haben. «Lernende bringen eine reale Leistung in den Betrieb. Diese muss abgegolten werden», sagt Serge Gnos, Leiter Kommunikat­ion bei der Gewerkscha­ft Unia.

Auch Andrea Ruckstuhl, Leiter des Mentoringp­rogramms Job Caddie in Zürich, sagt: «Eine Lehrstelle kann man sich nicht einkaufen oder kreieren.» Es sei klar geregelt, dass die Ausbildung eines Lernenden nichts kosten dürfe.

Während einige Schulabgän­ger für eine Lehrstelle zu grossen Opfern bereit sind, kämpfen andere Betriebe um Lernende. «Es gibt Lehrbetrie­be, etwa Detailhänd­ler oder Schreiner, die sich mit richtigen Hilferufen an uns wenden», sagt Michael Raaflaub, Geschäftsf­ührer des Lehrstelle­nnetzes Köniz im Kanton Bern.

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Die Sek-A-Schülerin verlor aufgrund der Corona-Krise ihre Lehrstelle.

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