«Ich war nie an Partys ohne Kokain»
ZÜRICH. In der Schweiz werden jährlich rund fünf Tonnen Kokain konsumiert. 20 Minuten hat mit Konsumenten und einem Dealer gesprochen.
In der Schweiz konsumieren bis zu 200000 Menschen jährlich rund 5 Tonnen Kokain. 20 Minuten hat mit Konsumenten und einem Dealer gesprochen. So erzählt eine 23-Jährige, dass sie im Alter von 15 erstmals Kokain genommen habe. Ein anderer Konsument berichtet, dass er jeden Monat 450 bis 600 Franken für die Droge ausgibt. Angesichts der hohen Zahl von Konsumenten fordert Sucht Schweiz eine Entkriminalisierung des Kokains.
«Alles muss anonym bleiben», sagt Kokain-Dealer Mario*. Irgendwo in seinem Auto versteckt befindet sich das Kokain, das er unters Volk bringt. Seine Kundschaft sei unterschiedlich und reiche «vom Banker bis hin zum Bauarbeiter». Mario war lange arbeitslos. Vor ein paar Jahren begann er mit dem Dealen. «Von irgendwoher musste das Geld kommen.»
570 Millionen Franken Jahresumsatz und 390 Millionen Gewinn werden mit Kokain gemacht. Wie viel verdient ein Dealer im Monat? «Es reicht zum Leben», so Mario. «Wer nur so viel verdient, wie er auch braucht, ist auf der sicheren Seite. Man darf nicht gierig sein in diesem Geschäft. Wer mich ausraubt, hat nicht viel davon.»
Julia* (23) ist eine der geschätzt bis zu 200000 Konsumenten in der Schweiz. Mit 15 hat sie zum ersten Mal gekokst. Die Erwartungen waren hoch – und wurden enttäuscht: Der Megarausch kam nicht. Dennoch wurde Julias Kokainkonsum zur Gewohnheit. «Die Lines mit einer Geldnote zu ziehen, war megacool.» Das Kokain motivierte Julia, weiter in die Schule zu gehen. «Ich freute mich bereits am Morgen auf die Linie auf dem SchulWC.» Bis heute ist sie noch nie an einer Party gewesen, an der sie nicht Koks konsumiert hat. «Das Kokain gehört einfach zu meinem Lifestyle.» Den lässt sie sich rund 400 Franken pro Monat kosten. Sie denke nicht, dass sie abhängig sei, es gehe ihr ja gut, sagt Julia.
«Ich habe meinen Konsum im Griff», sagt auch Sven*. Der 27-Jährige konsumiert seit sieben Jahren Kokain. An einer Party wurde ihm damals die Droge angeboten. Seither konsumiert er jedes Wochenende bis zu ein Gramm Kokain. «Für mich ist es eine soziale Droge.» Allein habe er noch nie eine Line gezogen. Sven: «Mit Kokain fühle ich mich fokussierter und wacher.» Manchmal passiere es, dass er am Montag nach einem «heftigen Weekend» verschlafe oder den ganzen Tag lang Mühe habe, sich zu konzentrieren. «Ich bemühe mich aber, dass ich mein Arbeitsleben im Griff behalte.»
*Name geändert