Ägypten bestraft Influencerinnen hart
KAIRO. Ihre Videos sollen zu ausschweifend sein: Zwei Tiktokerinnen in Ägypten sind dafür verurteilt worden.
«Mit nichts habe ich diese Strafe verdient», sagte Mauada al-Adham (22) «Arab News» zufolge vor Gericht, «ganz Ägypten veröffentlicht Beiträge auf der App.» In ihren Videos macht sie das, was Teenager auf Tiktok so machen: sich verkleiden, Playback singen, herumkaspern. Ein Clip von ihr wurde sechs Millionen Mal abgespielt. Nach westlichen Standards sind die Videos harmlos. Al-Adham trägt ihre Haare offen, zeigt sich mit langen Fingernägeln und rotem Lippenstift. Sie ist modern, an westlichen Normen gemessen aber keinesfalls anzüglich gekleidet.
Aber nach Ansicht der ägyptischen Justiz haben sie und weitere Frauen – sowie ihre männlichen Komplizen – auf Tiktok die Grenzen der guten Sitten überschritten. Sie müssen ins Gefängnis. Zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 16000 Euro wurden Al-Adham und Hanin Hussam wegen der «Verletzung von Familienwerten» verurteilt. Die Studentin Hussam (22), die in ihren Videos normalerweise mit Kopftuch zu sehen ist, präsentierte auf Tiktok vor allem TanzMoves. Die Influencerinnen hätten zu «Sittenlosigkeit und Ausschweifungen» angestachelt, so der Richterspruch.
Im autoritär regierten Ägypten scheint die nächste Stufe der strafrechtlichen Verfolgung in sozialen Medien begonnen zu haben. Verurteilungen wegen regierungskritischer Inhalte auf Facebook und Twitter hatten sich seit der Machtübernahme von Präsident
Abdel Fattah al-Sisi vor sechs Jahren gehäuft. Rechtliche Grundlage für die Durchgriffe bildet dabei ein Gesetz von 2018 zur Online-Kriminalität.