Ross Island – eine Insel mit einer brutalen Vergangenheit
PORT BLAIR. Wo sich die Natur die Ruinen langsam zurückerobert, stand einst eine Gefängniskolonie des British Empire.
Es ist eines der dunkelsten Kapitel der britischen Kolonialgeschichte: die Gefängnisinsel Ross Island, auf der das Empire während über 80 Jahren Aufständische und Dissidenten aus Indien unter unmenschlichen Bedingungen wegsperrte. Fast alle Insassen litten an Tropenkrankheiten. Viele starben aufgrund von Folter, Mangelernährung oder medizinischen Experimenten. Heute wird Ross Island gar mit den Konzentrationslagern in Nazideutschland verglichen.
Ross Island ist Teil der Andamanen, einer Inselgruppe im Indischen Ozean. Als die Briten 1858 mit den ersten 200 Gefangenen auf der Insel ankamen, trafen sie auf undurchdringlichen Dschungel. Daraus ein Gefängnis zu machen, war die Aufgabe der Häftlinge selbst. Aneinandergekettet mussten sie sich ihre Zellen sowie Unterkünfte und Strassen für die Kolonialherren bauen. Diese hielten sich derweil auf ihren Schiffen auf und waren sicher vor den Gefahren des Urwalds. Nach und nach expandierte die Strafkolonie auf weitere Inseln, zeitweise lebten gleichzeitig 15 000 Häftlinge dort.
Am 26. Juni 1941 zerstörte ein Erdbeben der Stärke 7,7 die Mehrheit der Häuser, worauf die Briten die Insel aufgaben. Danach wucherten Bäume und Büsche über die Überreste der Gefängnisse, bis die indische Marine die Insel 1979 übernahm. Die schaurig-schönen Gebäude erscheinen heute wie aus einem Märchen und sind ein beliebtes Ziel für Touristen.