Kontrovers
Sollen alte Prüfungen veröffentlicht werden?
Viel Kaffee, wenig Schlaf und tagelanges Büffeln: So sieht zurzeit der Alltag von vielen Studenten aus. Ein Glück, wenn alte Prüfungen zirkulieren, die zeigen, was verlangt wird. Doch nicht immer sind die alten Prüfungen bewusst publiziert worden. So wurde Zürcher Wirtschaftsstudenten letzte Woche eine fast identische Prüfung wie im letzten Jahr vorgelegt. Die Vorjahresprüfung war in einem Studentenforum zirkuliert. Die Uni prüft den Fall. Knatsch mit einer unrechtmässig veröffentlichten Prüfung gab es vor einem Jahr auch an der Uni Bern. «Es kommt immer wieder vor, dass alte Prüfungen oder einzelne Prüfungsfragen an Schulen und Hochschulen wiederverwendet werden», sagt Tobias Vögeli, Vorstand der Studentinnenschaft der Uni Bern. Die Uni Bern hat 2017 entschieden, dass die Prüfung nicht benotet wird. Eine Beschwerde dagegen ist beim Berner Verwaltungsgericht hängig. Es entscheidet voraussichtlich im Herbst.
Ob das «Recyceln» von Prüfungsfragen zulässig ist, darüber ist man sich uneins. «Es ist alles eine Frage des Ausmasses: Eine deckungsgleiche Frage wie im Vorjahr ist unproblematisch, bei einer grösseren Anzahl gleicher Fragen wird es heikel», sagt die Zürcher Rechtsanwältin Susanne Raess. Besteht eine Prüfung zu grossen Teilen aus vorgängig publik gewordenen Fragen und muss deshalb wiederholt werden, ist der Frust für viele Studenten gross. In beiden obigen Fällen drohen einige mit rechtlichen Schritten oder haben Rekurs eingelegt.
«Die Studenten fühlen sich dadurch verunsichert», sagt Camille Lothe, Präsidentin der JSVP Kanton Zürich, die selbst an der Bwlprüfung an der Uni Zürich war. «Eine Klärung der Rechtslage ist nötig.» Vögeli geht gar noch weiter: «Um Ungerechtigkeiten bei der Prüfungsvorbereitung zu verhindern, plädieren wir zudem dafür, dass sämtliche Prüfungen, die ohnehin zirkulieren, veröffentlicht werden. So haben alle den gleichen Vorteil.»