«Frauen, die sich unterschätzen, werden es schwierig haben»
Die Frauenquote: ein Schritt Richtung Gleichstellung oder eine elitäre Alibi-übung? Ein Gespräch mit Esther-mirjam de Boer (49), CEO & Miteigentümerin von Getdiversity und Präsidentin des Verbands Frauenunternehmen.
Die geplante Frauenquote ist weiterhin gesetzlich nicht verbindlich verankert. Bringt sie überhaupt den gewünschten Ruck in die männerdominierten Führungsetagen?
Es ist vorgesehen, Zielwerte zur ausgewogenen Geschlechterbeteiligung im Aktienrecht per Gesetz festzulegen. So wie die Konkordanz in der Politik werden auch diese Zielvorgaben ihre Wirkung entfalten. Bringt die Quote auch der Durchschnittsverdienerin etwas oder nur der Elite?
Für eine angemessene Geschlechterdurchmischung braucht es mehr junge Frauen, die einen ambitionierten Kar riereweg einschlagen. Diesen werden die gesetzlichen Ziele sicherlich helfen. Alle anderen werden von der Lohntransparenz profitieren, die sicherstellen soll, dass Frauen bei vergleichbarer Qualifikation gleich gut bezahlt werden wie Männer. Das ist heute noch nicht gegeben.
Ist für junge Frauen unter dreissig die Geschlechterfrage überhaupt noch ein Thema?
Die alten Rollenbilder treten vor allem dann in Kraft, wenn ein Paar Kinder bekommt. Viele werden sich erst dann bewusst, dass es mit der Gleichberechtigung doch noch nicht ganz so weit ist, wie vorher geglaubt wurde. Woran scheitern Frauen heute noch?
In Zukunft werden es immer noch jene Frauen schwierig haben, die sich selbst unterschätzen. Eine Frau wird nicht einfach entdeckt, wenn sie still gute Arbeit leistet.
Was raten Sie jungen Frauen, die Karriere machen wollen? In jedem Alter Chancen wahrnehmen, Führungsverantwortung übernehmen und sich exponieren. Ob als Pfadileiterin, im Jugendparlament, mit der eigenen Band oder als Klassensprecherin – das hilft alles, sich später grössere Bühnen und mehr Verantwortung zuzutrauen.