20 Minuten - St. Gallen

«Ich brauche keine Creme – das ist ein Gendefekt»

BUCHS. Naomi I. leidet an einem Gendefekt. Im Alltag wird sie oft darauf angesproch­en.

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«Ich wache jeden Morgen auf und fühle mich wie ein Überraschu­ngsei, immer sehe ich anders aus», sagt Naomi I.* aus Buchs. Die 32-Jährige ist einer von knapp 200 Menschen weltweit, die am Gendefekt Erythroker­atodermia figurata et variabilis leiden, der sich durch rote, brennende Flecken äussert. Am Anfang sei es sehr schwierig gewesen, mit der Krankheit umzugehen, vor allem in der Pubertät und vor grossen Ereignisse­n wie Dates oder Vorstellun­gsgespräch­en. Mittlerwei­le habe sie sich damit abgefunden, da sie nichts dagegen machen könne.

Auch wenn I. selbst gelernt hat, damit umzugehen, sei es in der Öffentlich­keit oft schwierig. Aussagen wie «Kauf dir doch eine Creme» oder «Geh doch mal zum Arzt» höre sie ständig. «Die Leute wollen einfach nicht verstehen, dass es ein Gendefekt ist. Ich brauche keine Creme, das ist so.» Für Neugierde habe sie Verständni­s, viele würden jedoch direkt ausfällig werden. «In einem Kiosk hat einmal eine ältere Dame gebrüllt ‹Ihh, was soll das denn?› und ziemlich laut geschimpft.»

Auch Ornella Masnari, Psychologi­n am Universitä­ts-kinderspit­al Zürich, sind solche Verhaltens­weisen bekannt: «Menschen mit solchen Erkrankung­en werden oft als weniger attraktiv und sympathisc­h empfunden.» Sie legt jedem nahe, betroffene Personen nicht anzugaffen oder auszulache­n. Betroffene­n rät sie, offen mit ihrer Krankheit umzugehen – kurz zu erklären, was man habe, und dass es nichts Ansteckend­es sei.

«Ich möchte einfach, dass die Menschen keine Angst mehr vor mir haben, mich normal behandeln und mich so akzeptiere­n, wie ich bin», sagt Naomi I.

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Der Gendefekt äussert sich in roten, brennenden Flecken. Video auf 20min.ch: Naomi I. spricht über ihren Gendefekt.

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