War es Selbstjustiz oder handelt es sich um Lügen?
WINTERTHUR. Tag zwei im An’nur-prozess: Die Verteidiger forderten gestern Freisprüche für ihre Mandanten.
Am Bezirksgericht Winterthur fand gestern der zweite Tag im An’nur-prozess statt. Neun Männer müssen sich vor Gericht verantworten, weil sie zwei Glaubensbrüder eingesperrt, attackiert und übel beschimpft haben sollen. Nachdem am Montag die Beschuldigten einvernommen worden waren, hielten die Staatsanwaltschaft und der Anwalt der Geschädigten ihr Plädoyer.
Die drei Staatsanwältinnen versuchten deutlich zu machen, dass die Aussagen der Beschuldigten unglaubwürdig sind. Mehrfach hatten sie sich am Montag in Widersprüche verstrickt. Immer wieder fiel während des Plädoyers das Wort «Selbstjustiz». Auch im Falle des angeklagten M.E.*, dem Sohn (20) des damaligen Imams. Seine Stellung hätte er zur Deeskalation nutzen können, stattdessen habe er Selbstjustiz geübt, so der Vorwurf der Justiz.
Der Anwalt der Opfer, Bernard Rambert, betonte, dass die Geschädigten keine Spione seien. Opfer A sei selbst Journalist und habe die An’nur-moschee 2015 erstmals besucht. «Was er in der Moschee antraf, entsprach nicht seiner Religion», sagt Rambert. Deshalb habe er zu recherchieren begonnen. Auch am Tattag sei er zum Beten und Recherchieren da gewesen, Opfer B sei zu seinem Schutz mitgekommen. Seit dem Vorfall litten seine Mandanten massiv. «Die Beschuldigten haben es geschafft, Opfer A in Todesangst zu versetzen.»
Die Verteidiger hingegen blasen ins gleiche Horn wie ihre Mandanten. Wieder kam der Begriff «Verschwörung» auf. Die Verteidiger forderten unter anderem Freisprüche für ihre Mandanten.
*Name der Redaktion bekannt