Suizidgefährdete Jugendliche landen oft auf Wartelisten
ZÜRICH. Für auffällige Jugendliche gibt es zu wenig Therapieplätze. Der Bund warnt vor deutlicher Unterversorgung.
R. überlegte sich immer wieder, wie sie sich umbringen könnte. Sie verletzte sich selbst. «Ich war überzeugt, schlechter zu sein als alle anderen», so die Jugendliche. Dann wies die Ärztin R. in eine Ostschweizer Klinik ein. «Jetzt weiss ich, wie ich mich künftig verhalten kann», berichtet R. im Internet. Sie ist kein Einzelfall: Laut der «NZZ am Sonntag» sind 100000 Jugendliche verhaltensauffällig, 400 brauchen eine stationäre Therapie. Es gebe aber nur etwa 50 Plätze pro Jahr. Die Härtefälle seien krasser geworden. Auch das Bundesamt für Gesundheit warnt in einer Studie: «Bei Kindern und Jugendlichen muss von deutlicher Unterversorgung ausgegangen werden.» Es gebe lange Wartefristen. Samuel Rom von der Föderation der Psychologen sagt: «Viele kommen erst zu einem Platz, wenn sie schon einen Suizid versuch hinter sich haben.»
Heute müssten Patienten erst zu einem Arzt, der die Diagnose stellen könne und einen Fachpsychiater in der Klinik habe. Mit einer Petition kämpft sein Verband nun darum, dass Ärzte an Psychotherapeuten verweisen können. Das würde den Prozess beschleunigen (siehe Interview). Der Zürcher Suchtexperte Toni Berthel sagt, für Jugendliche, die psychische, soziale und Suchtprobleme hätten und in eine Klinik müssten, gebe es nur wenige Plätze. Der grösste Teil könnte aber auch ambulant behandelt werden, wenn es früh genug geschehe.