20 Minuten - St. Gallen

«Wir benützen ‹Allahu Akbar› in fast jedem zweiten Satz»

SCHAFFHAUS­EN. Weil Orhan E. einen Freund mit «Allahu Akbar» begrüsst, wird er gebüsst. Er fühlt sich diskrimini­ert.

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Die Worte «Allahu Akbar» kommen Orhan E.* teuer zu stehen. Im August hatte er eine Bussenverf­ügung der Stadtpoliz­ei Schaffhaus­en wegen Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s erhalten. Die Kosten: 150 Franken Busse und 60 Franken Gebühren. Die Begründung: Der 22-jährige Muslim soll einen Freund «laut und deutlich» mit den Worten «Allahu Akbar» begrüsst haben. «Das ist eine alltäglich­e Redewendun­g», so der junge Mann. «Diese verwenden wir andauernd und ohne Hintergeda­nken.» Eine Polizistin sah dies aber anders: Die Beamtin in Zivil war im letzten Mai vor dem türkischen Kulturvere­in Schaffhaus­en auf ihn und seinen Bekannten aufmerksam geworden, als sich die beiden auf Türkisch unterhielt­en.

«Auf einmal rief mich die Polizistin zu sich und wollte wissen, was ich damit gemeint hätte.» Er erklärte ihr, dass das nichts Schlimmes bedeute: «Wir benützen ‹Allahu Akbar› zur Begrüssung und in fast jedem zweiten Satz», so der Türke, «wie zum Beispiel: ‹Das Wetter ist schön, Allahu Akbar.› Damit wollen wir etwas, was wir als positiv empfinden, betonen.»

Seine Erklärunge­n nützten nichts. Die Polizistin forderte Verstärkun­g an: «Beamte tasteten mich ab, nahmen meine Personalie­n auf und sagten mir, ich solle mich verziehen.» Für den Schaffhaus­er ein klarer Fall von Diskrimini­erung. Die Busse habe er aber gleich bezahlt, weil er keinen weiteren Ärger wollte.

Der Schaffhaus­er Stadtrat und Vorsteher für Soziales und Sicherheit, Simon Stocker (AL), kann nachvollzi­ehen, dass die Polizei bei diesem Vorfall sensibel reagiert hat: «Wie der Polizeirap­port zeigt, wurde die Situation als Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s wahrgenomm­en und entspreche­nd rapportier­t.» Zudem hätte die gebüsste Person auch die Möglichkei­t gehabt, sich gegen die Busse zu wehren. «Durch die Bezahlung der Busse wurde die Verfügung aber rechtskräf­tig», so Stocker. Grundsätzl­ich sei das Ausspreche­n von «Allahu Akbar» aber nicht verboten. «Weder vor noch nach diesem Vorfall wurde eine ähnliche Busse ausgestell­t.»

*Name der Redaktion bekannt

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20M Orhan E. hat die Busse sofort bezahlt, er wollte keinen weiteren Ärger, wie er sagt.
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Diese Busse hat der 22-Jährige wegen seines «Grusses» erhalten.
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