20 Minuten - St. Gallen

Wer beim Sex heimlich das Kondom entfernt, soll bestraft werden

ZÜRICH. Ein Mann steht wegen Stealthing vor Gericht – und wird freigespro­chen. Schuld ist laut Experten das veraltete Sexualstra­frecht.

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Das Tinder-date einer 18-jährigen Frau endete am Mittwoch vor Gericht. Der Grund: Ihr One-nightstand hatte während des Sex heimlich das Kondom ausgezogen. Der Mann wurde trotz des sogenannte­n Stealthing schliessli­ch freigespro­chen (siehe unten).

Für die Zürcher Gynäkologi­n Yvette Plambeck ist das Gerichtsur­teil «ein Schlag ins Gesicht der Frauen». Den Männern werde gezeigt, dass man mit Frauen alles machen könne, was man wolle. «Und dass man damit davonkommt.» Dass Frauen auf solche Weise getäuscht werden, komme aber immer wieder vor. Für Betroffene sei dies extrem belastend, sagt der Gynäkologe David Scheiner. «Der medizinisc­he und psychologi­sche Schaden ist gross – und völlig unnötig.» Schliessli­ch brauche es nur ein Kondom, um alldem vorzubeuge­n. Das Gerichtsur­teil ist für ihn ein grosser Schritt zurück. «Es zeigt, dass beim Sex die Frau dem Mann auf Gedeih und Verderb ausgeliefe­rt ist.» Das Urteil sei ein weiteres Indiz dafür, dass das Sexualstra­frecht unbedingt revidiert werden muss, sagt auch Andrea Gisler, die Präsidenti­n der Frauenzent­rale Zürich. «Hier existiert eine Lücke, die die Politik schliessen muss.»

Eine Verantwort­ung, vor der sich die Politik nicht drücken sollte, sagt Fdp-ständerat Andrea Caroni. «Wir werden in der Rechtskomm­ission bald über Sexualdeli­kte sprechen und sollten dabei auch diese Konstellat­ion anschauen. Er rät der betroffene­n Frau, gegen das Urteil zu rekurriere­n: «Ein Entscheid des Bundesgeri­chts würde Klarheit schaffen.»

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Dass Männer das Kondom entfernen, kommt laut einer Expertin immer wieder vor.

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