Wer beim Sex heimlich das Kondom entfernt, soll bestraft werden
ZÜRICH. Ein Mann steht wegen Stealthing vor Gericht – und wird freigesprochen. Schuld ist laut Experten das veraltete Sexualstrafrecht.
Das Tinder-date einer 18-jährigen Frau endete am Mittwoch vor Gericht. Der Grund: Ihr One-nightstand hatte während des Sex heimlich das Kondom ausgezogen. Der Mann wurde trotz des sogenannten Stealthing schliesslich freigesprochen (siehe unten).
Für die Zürcher Gynäkologin Yvette Plambeck ist das Gerichtsurteil «ein Schlag ins Gesicht der Frauen». Den Männern werde gezeigt, dass man mit Frauen alles machen könne, was man wolle. «Und dass man damit davonkommt.» Dass Frauen auf solche Weise getäuscht werden, komme aber immer wieder vor. Für Betroffene sei dies extrem belastend, sagt der Gynäkologe David Scheiner. «Der medizinische und psychologische Schaden ist gross – und völlig unnötig.» Schliesslich brauche es nur ein Kondom, um alldem vorzubeugen. Das Gerichtsurteil ist für ihn ein grosser Schritt zurück. «Es zeigt, dass beim Sex die Frau dem Mann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist.» Das Urteil sei ein weiteres Indiz dafür, dass das Sexualstrafrecht unbedingt revidiert werden muss, sagt auch Andrea Gisler, die Präsidentin der Frauenzentrale Zürich. «Hier existiert eine Lücke, die die Politik schliessen muss.»
Eine Verantwortung, vor der sich die Politik nicht drücken sollte, sagt Fdp-ständerat Andrea Caroni. «Wir werden in der Rechtskommission bald über Sexualdelikte sprechen und sollten dabei auch diese Konstellation anschauen. Er rät der betroffenen Frau, gegen das Urteil zu rekurrieren: «Ein Entscheid des Bundesgerichts würde Klarheit schaffen.»