Bis 50 Jahre Gefängnis für Papst-vertrauten
MELBOURNE. Als Finanzchef war Kardinal George Pell einer der mächtigsten Männer im Vatikan. Jetzt drohen ihm als verurteiltem Sexual-straftäter bis zu 50 Jahre Haft.
KONTROVERS Als bisher ranghöchster Vertreter der katholischen Kirche ist der australische Kurienkardinal und langjährige Papstvertraute George Pell (77) wegen Kindesmissbrauchs schuldig gesprochen worden.
Wie gestern bekannt wurde, befand ein Geschworenengericht Pell bereits im Dezember für schuldig, sich zwischen
1996 und 1997 in der Kathedrale von Melbourne an zwei damals 12 und 13 Jahre alten Chorknaben vergangen zu haben. Auf Anordnung des Gerichts wurde der Schuldspruch aber bislang unter Verschluss gehalten.
Einer der beiden betroffenen Chorknaben starb 2014 an einer Drogenüberdosis. Seine Eltern machen das Trauma des Missbrauchs für seinen Tod verantwortlich. Das zweite mutmassliche Opfer sagte in einer gestern von seinen Anwälten veröffentlichten Erklärung, für ihn sei der Fall noch lange nicht vorbei: «Wie viele Überlebende habe ich Scham, Einsamkeit, Depressionen und Kämpfe erlebt. Wie bei vielen Überlebenden hat es Jahre gedauert, bis ich die Auswirkungen auf mein Leben verstanden habe.» Er habe jemandem vertraut, den er hätte fürchten müssen – und habe sich später vor Menschen gefürchtet, denen er hätte vertrauen müssen.
Ein Strafmass wurde noch nicht verkündet. Pell drohen insgesamt bis zu 50 Jahre Haft. Über seine Anwälte wies er gestern nochmals alle Vorwürfe zurück. Trotz des Schuldspruchs ist er bislang gegen Kaution auf freiem Fuss.
«Für mich ist es noch nicht vorbei. Wie viele Überlebende habe ich Scham, Einsamkeit, Depressionen und Kämpfe erlebt.» Opfer