20 Minuten - St. Gallen

«Sie nutzten ihre Einsamkeit aus»

ZÜRICH. Loredana soll Petra Z. um viel Geld gebracht haben. Ein Psychother­apeut erklärt, wie es so weit kommen konnte.

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Herr Weber, wieso lässt sich eine Person um Hunderttau­sende von Franken bringen? Mehrere Ursachen sind möglich, unter anderem ausgeprägt­e Gutgläubig­keit. Zudem hat sich Petra Z. offenbar einsam gefühlt. Deshalb suchte sie via Dating-app nach neuen Kontakten. Jeder hat ein Bedürfnis nach zwischenme­nschlichen Beziehunge­n.

Das nutzen die potenziell­en Betrüger gezielt aus?

Genau, sie nutzten ihre Einsamkeit aus. Das Opfer wird mit Kompliment­en und Aufmerksam­keit überschütt­et. Das nennt sich Love-bombing. Sobald die Beziehung stabil genug scheint und Vertrauen aufgebaut wurde, kommt die erste Forderung nach Geld.

Hat Petra Z. ihre Intuition missachtet?

Man kann sicherlich sagen, dass sie gutgläubig gehandelt hat. Ich denke aber, die meisten Menschen wurden im Kleinen schon übers Ohr gehauen, weil sie jemandem blind vertraut haben. Häufig kommt der Realitätsc­heck viel früher. Etwa durch das Umfeld oder auch, wenn man schockiert erkennt, wie viel Geld auf dem Konto fehlt.

Wieso hörte Petra Z. mit den Überweisun­gen nicht auf?

Es besteht eine Art Verpflicht­ung wegen der emotionale­n Verbindung, die zum Täter aufgebaut wurde. Grenzt man sich hier ab, fühlt man sich leicht mitverantw­ortlich für das Unglück oder die Not, die der andere vermeintli­ch hat.

Was kann Petra Z. jetzt tun?

Neben der rechtliche­n braucht sie nun auch seelische Unterstütz­ung. Ein mutmasslic­her Betrug in diesem Ausmass zieht einem den Boden unter den Füssen weg.

Roland Weber ist Psychother­apeut.

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