Hat Schweiz-aufenthalt Kim Jong-un zum Diktator gemacht?
BERN. Zwei Jahre lang drückte Kim Jong-un in Bern die Schulbank. Diese Erfahrung hat ihn laut einer Nordkorea-expertin zum Diktator gemacht.
Der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un besuchte von 1996 bis 1998 die öffentliche Schule Steinhölzli in Liebefeld BE. Dort lebte er bei seiner Tante Ko Yong-suk, die sich als seine Mutter ausgab. Unter dem Decknamen Un-pak wurde er eingeschult und war offiziell der Sohn eines nordkoreanischen Botschafters.
Als der damals 27-Jährige 2011 die Herrschaft übernahm, war die Hoffnung gross, dass ihn sein zweijähriger Aufenthalt in der demokratischen Schweiz positiv geprägt hätte. Die Welt sehnte sich nach einem Wandel in Nordkorea. Kim Jong-un lebte in der Schweiz in einer modernen Gesellschaft. In der Schule wurde weltoffen gelehrt. Doch genau diese Erfahrungen sollen ihn zu dem Diktator gemacht haben, der er heute ist, schreibt Nordkorea-expertin Anna Fifield in ihrem neuen Buch «The Great Successor» über Kim Jong-un.
Fifield analysiert in ihrem Buch unter anderem Kim Jonguns Schulzeit in Bern und deren Wirkung auf seine Psyche. Als Jugendlicher habe er Demokratie und Frieden in der Schweiz hautnah erlebt. Was er dabei realisiert habe, sei, dass er damit nichts habe anfangen können, so die neuseeländische Journalistin in einem Interview mit dem «New Yorker». In seiner Berner Zeit habe Kim Jongun gemerkt, dass, wenn er irgendwo ausserhalb Nordkoreas leben würde, er ein völlig normaler Mensch wäre. Das wollte der verwöhnte Thronfolger nicht, sagt die Autorin. Laut Fifield soll «ihn diese Erfahrung in Bern bestärkt haben, das System intakt zu halten, um weiterhin der König seines Reichs zu sein».