20 Minuten - St. Gallen

«Ich fühlte mich total fehl am Platz»

ZÜRICH. Der Churer Mundart-newcomer Kaufmann meldet sich mit der EP «Dr Chüalschra­nk isch leer» zurück. Der 29-Jährige singt darin ganz offen über seine Depression­en.

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Kaufmann, das sind deine ersten neuen Songs nach eineinhalb Jahren. War der Druck gross?

Erstaunlic­herweise nicht. Das wäre vor kurzem noch anders gewesen.

Wieso?

Vor meinem Debütalbum bekam ich nie nur ansatzweis­e Aufmerksam­keit für meine Musik. Plötzlich lief ich auf SRF 3, war Vorband für Hecht, spielte am Openair St. Gallen – das hat mich überrumpel­t. Ich hatte Selbstzwei­fel.

Der Erfolg hat dich nicht bestätigt?

Im Gegenteil. Ich fühlte mich total fehl am Platz und fand, alle anderen hätten es mehr verdient. Der Gedanke hat mir in den schönsten Momenten den Hals zugeschnür­t. Als die Leute meine Songs mitsangen, verspürte ich vor lauter Panik einen Würgereiz und konnte mich kaum bewegen.

Was hat dir geholfen? Der Gedanke, dass nicht alles so gross und wichtig ist, wie wir meist denken. Dass wir alle unglaublic­h klein sind und alles eigentlich unbedeuten­d ist. Wichtig ist, dass ich Freude an meiner Musik habe. Ich muss weder gefallen noch mich verstellen.

Wie kamst du auf den

Ep-titel?

Ich habe mal gehört, dass man den Gemütszust­and eines Menschen an seinem Zimmer ablesen kann. Ich denke, so ist es beim Kühlschran­k auch. Wenn dieser leer ist, ist auch die Seele leer. So fühlen sich für mich Depression­en an. Ist die Musik deine Art, solche Gefühle zu verarbeite­n?

Schon als Kind habe ich meine negativen Gedanken zu Papier gebracht – weil ich nie jemandem davon hätte erzählen können. Das mache ich noch heute. Manchmal entsteht dann eben sogar ein Song daraus.

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Singer-songwriter Reto Kaufmann arbeitet momentan an seinem zweiten Studioalbu­m.

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