Zu Besuch im Bauch des Champagner-königreichs
EPERNAY (F). Unter dem Städtchen Epernay liegt ein 110 Kilometer langes Kellersystem. Hier wird aus Wein Champagner.
Im Stammhaus von Moët & Chandon in Epernay lässt sich die Geschichte des Champagners förmlich atmen. An jeder Ecke finden sich Erinnerungsstücke. Etwa an Napoleon Bonaparte, der mit Jean-rémy Moët, einem Enkel des Firmengründers Claude Moët, eng befreundet war und auch auf Feldzügen stets ein paar Flaschen seines liebsten Schaumweins mit sich führte. 1869 – Napoleons Geburtstag jährte sich zum 100. Mal – lancierte Moët & Chandon zu Ehren des grossen Eroberers den Brut Impérial, der heute der populärste Champagner weltweit ist.
Noch eindrücklicher als die historischen Flaschen und Dokumente im schmucken Moët-schlösschen sind die Kreidekeller unter dem Städtchen Epernay: Rund 110 Kilometer misst das weit verzweigte Tunnelsystem. Über ein Drittel davon gehört der Firma Moët & Chandon, die hier auch spezielle Abfüllungen wie die prestigeträchtige Cuvée MC III und diverse Jahrgangs-champagner reifen lässt.
Auf der Tour durch die Keller begegnet man immer wieder sogenannten Rüttlern. Deren Aufgabe ist es, die mit dem Kopf schräg gegen unten gelagerten Flaschen regelmässig um genau 36 Grad zu drehen. Das hilft, feinste Trübteilchen
vom Champagner zu trennen.
Der Herr über die Keller von Moët & Chandon heisst Benoît Gouez. Er hat den Auftrag, jedes Jahr eine Assemblage zu
schaffen, die exakt so schmeckt, wie es sich die Kundschaft gewohnt ist. Für den Brut Impérial zum Beispiel greift er auf über 100 verschiedene
Weine zurück. «30 bis 40 Prozent Pinot noir für den Körper des Champagners, 30 bis 40 Prozent Pinot meunier für die Geschmeidigkeit und 20 bis 30 Prozent Chardonnay für die Finesse», erklärt Gouez die Zusammensetzung nach Rebsorten und deren Typizität.
Ein wenig trägt der Champagner trotz des Bemühens um Kontinuität gleichwohl die persönliche Handschrift des Kellermeisters. Er legt nämlich fest, wie viel in Wein gelöster Zucker – die sogenannte Dosage – dem edlen Getränk zum Schluss zugesetzt wird. Benoît Gouez hat sich beim Brut Impérial für 9 Gramm pro Liter entschieden und den vorherigen Wert leicht nach unten korrigiert.