«Unsere Eltern im Himmel haben uns verkuppelt»
SCHAFFHAUSEN. Die Mutter verloren, vom Freund betrogen: Als Nina* sich auf Tinder anmeldete, hatte sie wenig Hoffnung.
Vorletztes Jahr erkrankte meine Mutter an Brustkrebs und ich zog zu ihr, um ihr in der Bäckerei auszuhelfen. Eine Woche arbeiteten wir zusammen, dann wurde Mama zu schwach. Im Dezember starb sie dann. Ich kümmerte mich um den Betrieb. Es war sehr streng, das Weihnachtsgeschäft stand vor der Tür, dazu die Trauer und die administrative Arbeit nach einem Todesfall. Mein Freund unterstützte mich nicht, er verstand nicht, was ich durchmachte. Nach den Festtagen brach ich zusammen: Ich hatte ein Burn-out, brauchte professionelle Hilfe.
Im Januar waren Ferien in Thailand geplant. Mein Freund flog vor mir hin. Als ich ankam, gestand er mir, dass er mich betrogen hatte – mit einer thailändischen Prostituierten! Das war das Ende. Ohne grosse Hoffnung meldete ich mich auf Tinder an. Dort sah ich Tim.* Ich schrieb ihm und sagte offen, dass ich mich in einem Tief befände. Er meinte, ihm gehe es gleich. Wir fanden heraus, dass beide seit kurzem getrennt waren und eben erst einen Elternteil an Krebs verloren hatten. Als wir uns die Todesanzeigen zeigten, sahen wir, dass meine Mama und sein Vater beide am 16. Dezember 2018 gestorben sind. Das hat uns geflasht. Unsere Freunde wissen nicht, wie sich der Verlust eines Elternteils
anfühlt jedoch diese – verbindet uns Erfahrung. Unsere Beziehung gingen wir langsam an. Irgendwann küssten wir uns und Tim hat gesagt, wie verliebt er sei. Wir stellen uns gern vor, wie unsere Eltern im Himmel uns verkuppelt haben. Das mit uns passt einfach.
*Name geändert