Trump will härter gegen Demonstranten vorgehen
WASHINGTON. Donald Trump will die Antifa als Terrororganisation einstufen. Sicherheitsexperte Peter Neumann glaubt, das spiele Rechtsextremisten in die Hände.
WASHINGTON. In vielen Us-städten herrscht seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd Wut und Gewalt. Präsident Trump reagiert mit einer Schelte an die Gouverneure: Sie sollen Demonstranten festnehmen und Gesetze gegen brennende Flaggen verabschieden. Es bestehe die Gefahr, dass sich eine bürgerkriegsähnliche Situation entwickele, so Sicherheitsexperte Peter Neumann.
Der Us-präsident will die Antifa zur Terrororganisation erklären. Wieso?
Das ist ein Ablenkungsmanöver, mit dem er demonstrieren will, dass es einen identifizierbaren Drahtzieher für die Tumulte gibt und dass er mit starker Hand Massnahmen gegen die Urheber ergreift. Beides ist nicht der Fall. Wie meinen Sie das?
Bei den Protesten mischen viele Gruppen mit: linke Strömungen, die Trump kollektiv als Antifa verschreit, soziale Bewegungen der Minderheiten wie etwa «Black Lives Matter» und auf der anderen Seite die weissen Nationalisten, Verschwörungstheoretiker und Milizen. Keine dieser Gruppen orchestriert die Proteste allein. Dadurch werden sehr viele Leute in den Konflikt miteinbezogen. Daher besteht die Gefahr, dass sich daraus eine bürgerkriegsähnliche Situation entwickelt. Welche Konsequenzen hat Trumps Entscheidung?
Das weiss man noch nicht genau. Es existiert eine Liste ausländischer, nicht aber inländischer Terrororganisationen. Trump hatte sich bis jetzt immer dagegen gewehrt, dass eine solche Liste erstellt wird – wahrscheinlich, weil es unter seiner Präsidentschaft oft zu rechtsextremistisch motivierten Terroranschlägen gekommen ist.
Die USA sind eine Supermacht. Zugleich ist die soziale Ungleichheit und Spaltung extrem gross. Ist die Wut, die sich entlädt, ein Vorbote für die Zukunft? Das ist natürlich die Frage. Aber mit Trump an der Spitze sehe ich für die USA schwarz. Wenn man jetzt die Bilder aus Washington ansieht, lassen sie nur einen Schluss zu: Dass die USA eine Weltmacht im Niedergang sind. Ich glaube nicht, dass Trump in der Lage ist, das Ende aufzuhalten. Er beschleunigt es vielmehr eher noch.
Peter Neumann ist Professor für Sicherheitsstudien in London und Direktor und Gründer des International Centre for the Study of Radicalisation.