Impftrödelei rächt sich – Bund unter Druck
BERN. Bürgerliche setzen den Bundesrat unter Druck. Doch für Lockerungen ist die Corona-lage heikel.
Am Mittwoch muss der Bundesrat wieder einmal Farbe bekennen: Folgt er bürgerlichen Forderungen und lockert er die Corona-massnahmen? Oder bleibt er angesichts der Pandemie-indikatoren auf Kurs? Das Problem von Gesundheitsminister Berset: Seine Impfziele werden nicht erreicht. Jetzt wird sogar bekannt, dass der Bund 740 000 Pcr-tests ungenutzt verfallen liess.
«Mittlerweile sind die meisten in den Hochrisikogruppen geimpft. Deshalb ist es nicht mehr zu rechtfertigen, dass ganze Branchen und die kaum durch das Virus gefährdete Bevölkerungsmehrheit weiter durch Massnahmen bevormundet und drangsaliert werden», sagt Svp-präsident Marco Chiesa in einer Videobotschaft. Die Partei fordert deshalb Öffnungen schon in einer Woche mit Schutzkonzepten. Die SVP reicht dafür heute in der Wirtschaftskommission des Nationalrats verschiedene Vorstösse ein. Ein Antrag will Restaurants und sämtliche Betriebe in den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Freizeit und Sport am 19. April öffnen, ein anderer am 1. Mai. Ähnliche
Töne kommen auch aus der Mittepartei. Nationalrätin Andrea Gmür fordert einen «Strategiewechsel mit Öffnungen und Perspektiven».
Eine kontroverse Forderung hat Valentin Vogt, Präsident des Arbeitgeberverbands, gegenüber SRF lanciert: «Wenn die Risikopatienten geimpft sind, werden etwa drei Viertel der Hospitalisationen wegfallen. Das heisst, wir könnten dann mit Fallzahlen von 20000 bis 30000 pro Tag leben, ohne dass die Spitäler an den Anschlag kämen.»
Nachlegen wird heute der Gewerbeverband. Hansulrich Bigler sagte zu 20 Minuten: «Wir verlangen wie schon seit Januar eine gezielte sofortige Öffnung mit Schutzkonzepten, verbunden mit Testen, Impfen und Contact-tracing.» Dabei denkt Bigler an Restaurantinnenräume, Terrassen, Konzerte, Veranstaltungen, Fitnesscenter.
Kein Verständnis für die «unethischen und unsachlichen Durchseuchungsvorschläge» hat Ex-taskforcemitglied Manuel Battegay. Noch seien zu wenige Personen geimpft, und die Intensivstationen seien schon jetzt zu 83 Prozent belegt. Bei vorgeschlagenen 30 000 Fällen käme es zum Kontrollverlust. Auch Glp-nationalrat Martin Bäumle nervt das wiederkehrende «unsägliche Theater um Lockerungen». Die Lage bleibe sehr fragil. Dennoch hofft er, dass der Bundesrat eine Lockerungsperspektive in Aussicht stellt.