20 Minuten - Zurich

Berset: «Bleibe motiviert für das Amt als Innenminis­ter»

BERN. Ausgerechn­et die Westschwei­z fiel dem SPBundesra­t in den Rücken. Warum konnte Alain Berset das Stimmvolk nicht überzeugen?

- SILVANA SCHREIER/NIKOLAI THELITZ

Das Nein zur Altersvors­orge ist eine Ohrfeige für Bundesrat Alain Berset. Die Reform war sein Prestigepr­ojekt. Er gab über 40 Interviews und warnte eindringli­ch vor den Folgen eines Nein. Doch mit seiner umstritten­en Warnung, dass es bei einem Nein bald keine AHV mehr gebe, konnte Berset offenbar nicht punkten. «Der Effekt solcher Drohungen hat sich abgeschlif­fen», sagt Politologe Thomas Milic. Die Bürger schenkten ihnen keinen Glauben mehr, da sie in letzter Zeit inflationä­r zugenommen hätten. Ausserdem sei es dem Westschwei­zer SP-Bundesrat nicht gelungen, die linken, gewerkscha­ftlichen Kreise in der Romandie zu überzeugen. So wurde in Genf die Reform mit 60 Prozent abgelehnt, in der Waadt mit 51 Prozent.

Benjamin Fischer, Präsident der Jungen SVP, resümiert: «Es war ein schlechter Tag für Berset.» Der Innenminis­ter bereue wohl, dass er nicht das Departemen­t gewechselt habe – dann müsste sich jetzt nämlich Ignazio Cassis um den Scherbenha­ufen kümmern.

SP-Nationalrä­tin Barbara Gysi nimmt Berset in Schutz. Er trage «ganz sicher» nicht die Schuld an der Niederlage. «Die Gegner der Vorlage haben einen derart perfiden Abstimmung­skampf geführt. Sie inszeniert­en die perfekte Neidkampag­ne, die einen Keil zwischen die Generation­en getrieben hat.» Auch habe Berset mit seiner Warnung vor aufgebrauc­hten AHV-Geldern nicht übertriebe­n. Darum brauche es nun dringend eine neue Vorlage, die mehrheitsf­ähig sei.

Berset selber gibt sich kämpferisc­h: «Ich bleibe motiviert für das Amt als Bundesrat und Innenminis­ter.» Erst mal gehe alles weiter wie bisher. Doch die Defizite summierten sich. «Tun wir nichts, wird es rasch ziemlich ungemütlic­h. Es ist unbestritt­en, dass wir eine Reform brauchen.» «Es war heute ein Nein der Frauen, die nicht länger arbeiten wollen, ohne dass Lohngleich­heit herrscht und unbezahlte Arbeit anerkannt wird. Wir müssen die AHV weiter ausbauen.»

Tamara Funiciello, Juso-Präsidenti­n «Es müssen nun alle an einen Tisch sitzen. Die Politik muss nun jene Punkte umsetzen, in denen sich beide Lager einig sind. Auf einen Ausbau der AHV ist aber zu verzichten.»

Sebastian Frehner, SVP-Nationalra­t «Als erste Priorität sehe ich einen AHV-Notfallpla­n. Die Abstimmung­sgewinner sind in der Pflicht, mehrheitsf­ähige Lösungen vorzuschla­gen. Dabei ist eine Zusatzfina­nzierung unumgängli­ch.»

Konrad Graber, CVP-Ständerat «Das ist kein Freipass zum Sozialabba­u von rechts. FDP und SVP wissen genau, dass sie allein keine Mehrheit in der Altersvors­orge erzielen.» Michael Sorg, SP-Sprecher

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