Berset: «Bleibe motiviert für das Amt als Innenminister»
BERN. Ausgerechnet die Westschweiz fiel dem SPBundesrat in den Rücken. Warum konnte Alain Berset das Stimmvolk nicht überzeugen?
Das Nein zur Altersvorsorge ist eine Ohrfeige für Bundesrat Alain Berset. Die Reform war sein Prestigeprojekt. Er gab über 40 Interviews und warnte eindringlich vor den Folgen eines Nein. Doch mit seiner umstrittenen Warnung, dass es bei einem Nein bald keine AHV mehr gebe, konnte Berset offenbar nicht punkten. «Der Effekt solcher Drohungen hat sich abgeschliffen», sagt Politologe Thomas Milic. Die Bürger schenkten ihnen keinen Glauben mehr, da sie in letzter Zeit inflationär zugenommen hätten. Ausserdem sei es dem Westschweizer SP-Bundesrat nicht gelungen, die linken, gewerkschaftlichen Kreise in der Romandie zu überzeugen. So wurde in Genf die Reform mit 60 Prozent abgelehnt, in der Waadt mit 51 Prozent.
Benjamin Fischer, Präsident der Jungen SVP, resümiert: «Es war ein schlechter Tag für Berset.» Der Innenminister bereue wohl, dass er nicht das Departement gewechselt habe – dann müsste sich jetzt nämlich Ignazio Cassis um den Scherbenhaufen kümmern.
SP-Nationalrätin Barbara Gysi nimmt Berset in Schutz. Er trage «ganz sicher» nicht die Schuld an der Niederlage. «Die Gegner der Vorlage haben einen derart perfiden Abstimmungskampf geführt. Sie inszenierten die perfekte Neidkampagne, die einen Keil zwischen die Generationen getrieben hat.» Auch habe Berset mit seiner Warnung vor aufgebrauchten AHV-Geldern nicht übertrieben. Darum brauche es nun dringend eine neue Vorlage, die mehrheitsfähig sei.
Berset selber gibt sich kämpferisch: «Ich bleibe motiviert für das Amt als Bundesrat und Innenminister.» Erst mal gehe alles weiter wie bisher. Doch die Defizite summierten sich. «Tun wir nichts, wird es rasch ziemlich ungemütlich. Es ist unbestritten, dass wir eine Reform brauchen.» «Es war heute ein Nein der Frauen, die nicht länger arbeiten wollen, ohne dass Lohngleichheit herrscht und unbezahlte Arbeit anerkannt wird. Wir müssen die AHV weiter ausbauen.»
Tamara Funiciello, Juso-Präsidentin «Es müssen nun alle an einen Tisch sitzen. Die Politik muss nun jene Punkte umsetzen, in denen sich beide Lager einig sind. Auf einen Ausbau der AHV ist aber zu verzichten.»
Sebastian Frehner, SVP-Nationalrat «Als erste Priorität sehe ich einen AHV-Notfallplan. Die Abstimmungsgewinner sind in der Pflicht, mehrheitsfähige Lösungen vorzuschlagen. Dabei ist eine Zusatzfinanzierung unumgänglich.»
Konrad Graber, CVP-Ständerat «Das ist kein Freipass zum Sozialabbau von rechts. FDP und SVP wissen genau, dass sie allein keine Mehrheit in der Altersvorsorge erzielen.» Michael Sorg, SP-Sprecher