Wiedervereinigung oder Machterhalt: Was will Kim?
PYONGYANG. Er umarmte den südkoreanischen Präsidenten, bietet den USA die Denuklearisierung an. Will Kim die koreanische Wiedervereinigung?
Die Weltöffentlichkeit war verblüfft, wie herzlich Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un am 27. April in Panmunjom auf den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in zuging. Er bot USPräsident Donald Trump die Denuklearisierung an. Und momentan wird sein Vize und enger Vertrauer Kim Yong-chol in New York zu Gesprächen erwartet. Doch ist dem Machthaber zu trauen? Kim meine es ernst, ist die Einschätzung des Tübinger Koreanologen You Jae Lee. Erst einmal wolle er Vertrauen zwischen Pyongyang und Seoul schaffen. Kim hoffe auf eine Aufhebung der drückenden UNO-Sanktionen gegen Nordkorea, wolle weiter eine SystemGarantie für sein Regime: durch einen Friedensvertrag.
Doch da ist die ideologische Kluft zwischen einer totalitären Diktatur weniger Familienclans im Norden und ein mehr oder weniger demokratisch-pluralistischer Staat im Süden. Zwar streben beide langfristig eine Vereinigung an, aber der Norden hat sich schon 1993 gegen das Überstülpen eines der beiden Systeme über ein Korea gestellt. Das Letzte, was Kim will, ist, seine Atomwaffen aufzugeben, nur damit ausländische Unternehmer über sein Land herfallen. Laut dem Wiener Koreanologen Rüdiger Frank hat Nordkoreas Führung erkannt, dass eine Wiedervereinigung wegen des wachsenden Machtungleichgewichtes gegenüber dem Süden einer Kapitulation gleichkommen würde.