«Hat ein Freund Suizidgedanken, ist es zentral, sich Hilfe zu holen»
BERN. Eveline Männel Fretz berät Jugendliche mit Suizidgedanken. Sie warnt vor fatalen Versprechen.
Mit einer neuen Kampagne wollen die SBB, Pro Juventute und die Gesundheitsförderung des Kantons Zürich Freunde von suizidgefährdeten Jugendlichen ansprechen. Die Kernbotschaften: ansprechen, zuhören, Hilfe holen. Bei Eveline Männel Fretz melden sich regelmässig Jugendliche, deren Freunde Suizid ankündigen. Sie ist Beraterin bei Pro Juventute.
In einer Nachtschicht hatte Männel Fretz vor kurzem ein Mädchen am Telefon, dessen Freundin nach geäusserten Suizidabsichten nicht mehr erreichbar war. «Ich habe mit ihr über ihr eigenes Befinden gesprochen. Das macht einen grossen Anteil der Beratung aus.» In so einer Situation sei es wichtig, Erwachsene beizuziehen. In diesem Fall versuchte Männel Fretz, das Mädchen dazu zu bringen, mit den Eltern der gefährdeten Kollegin Kontakt aufzunehmen. Diese Strategie war denn auch erfolgreich. «Der Gedanke, das mit den Eltern zusammen durchstehen zu können, half ihr.»
Viele Jugendliche kämen erst gar nicht auf diese Idee, weil sie einen Tunnelblick hätten. «Dann helfen wir, den Blickwinkel wieder zu öffnen.» Die Zahl der Jugendlichen, die wegen Suizidandrohungen anrufen würden, habe sich in den letzten Jahren erhöht. «Die Alltagssituation der Ju gendlichen ist komplexer geworden.» Viele getrauten sich erst nicht, Erwachsene miteinzubeziehen. «Sie fürchten, dass die Freunde dann wütend auf sie sind.» Oft hätten die Jugendlichen versprochen, nichts zu sagen. «Es gibt aber auch schlechte Geheimnisse. Hilfe zu holen und sich in einer solchen Situation Erwachsenen anzuvertrauen, ist zentral.»