20 Minuten - Zurich

Sexting-Opfer: «Sie nannten mich plötzlich eine ‹Schlampe›»

ZÜRICH. V. C. schickte ihrem Freund freizügige Selfies. Bald kursierten die Bilder in ihrer Schule. Ihr Leben wurde zur Hölle.

- SAMUEL WALDER

Irgendwann standen zwei Polizisten im Klassenzim­mer von V.C.* Die Handys der Schüler wurden kontrollie­rt, freizügige Bilder mussten gelöscht werden. V., damals 14-jährig und Schülerin in einer Sek im Zürcher Oberland, war Opfer von Cyber-Mobbing geworden.

2014 hatte V. ihren ersten Freund. «Es war mehr ein Crush.» Eines Tages habe er nach einem Bild gefragt. «Er sagte, ich sei so schön.» Sie habe ihm vertraut, dass nur er die Bilder sehen würde. «Ich schickte ihm ein Selfie, natürlich mit Kleidern.» Gleich habe er nach einem freizügige­ren Foto gefragt. «Ich schickte ihm eins von mir im Bikini.» Danach habe er täglich ein Bild gewollt. «Ich sendete ihm weitere, im BH und im Bikini.» Da sie sich ausgenutzt fühlte, machte V. bald Schluss. Dennoch brachte sie auch ein Bekannter dazu, ihm die Bilder zu schicken.

Eines Tages fragte ihre Kollegin nach einem T-Shirt von ihr, das sie angeblich ihrer Schwester kaufen wollte. «Ich war verwirrt, schickte ihr aber ein Bild davon.» Später im Klassencha­t: «Das Nacktbild hatte ein T-Shirt darauf, das aussah wie meines – ich war aber nicht die Person auf dem Bild.» Niemand habe ihr geglaubt, dass es nicht sie sei. Plötzlich tauchten im Chat auch die Bilder auf, die sie ihrem Schwarm und seinem Freund geschickt hatte. «Plötzlich hatten alle etwas gegen mich. Ich wurde mit ‹Schlampe›, ‹Nutte›, ‹dreckige Hure› betitelt.» Auch erhielt sie Drohbriefe und Morddrohun­gen. «Plötzlich sprachen mich Menschen an, die ich überhaupt nicht kannte.» In der Schule seien ihr schlimme Sachen zugerufen worden. Das löste bei V. Depression­en aus. Besser ging es ihr dank einer Schulpsych­ologin und der Polizei, die für Ordnung sorgte. Doch auch nach dem Wechsel an eine andere Schule litt sie – die Fotos kursierten auch dort. Bergauf ging es für V. erst nach dem Sekabschlu­ss.

*Name der Redaktion bekannt

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Als 14-Jährige schickte V. ihrem Freund Fotos von sich, die später im Klassencha­t auftauchte­n.

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