EU-Rahmenabkommen: Streit um «rote Linien» geht weiter
BERN. Bundesrat Ignazio Cassis sieht Fortschritte in den Verhandlungen mit der EU. Für seinen Auftritt erntet er heftige Kritik.
Gestern informierte Aussenminister Ignazio Cassis über den Stand der Verhandlungen beim Rahmenabkommen mit der EU. Es soll die Übernahme von EURecht und die Beilegung von Streitigkeiten regeln.
Knackpunkt in den Verhandlungen sind laut Cassis die Spezialregeln der Schweiz zum Schutz der Löhne. Brüssel stört sich unter anderem an der Regel, dass Unternehmen aus der EU einen Auftrag in der Schweiz acht Tage vorab anmelden müssen. Nachdem Cassis die Regel kürzlich infrage gestellt und damit die Gewerkschaften erzürnt hatte, krebste er gestern zurück: Der Bundesrat habe die «roten Linien» bestätigt. Trotzdem will er nun mit den Sozialpartnern über die flankierenden Massnahmen diskutieren.
Nach seinem Auftritt hagelt es Kritik von links und rechts: «Die Botschaft bleibt unklar», sagt Cédric Wermuth (SP). Es sei ein Widerspruch, wenn Cassis von roten Linien spreche, aber über diese diskutieren wolle. Der Lohnschutz stehe nicht zur Diskussion, ansonsten sei die Personenfreizügigkeit «tot». Einen «Übungsabbruch» verlangt die SVP. Nationalrat Roland Büchel: «Wenn der Bundesrat das Ziel hat, das Abkommen an die Wand zu fahren, ist ihm das gelungen.» Für die SVP sei die geplante Regelung von Streitfällen inakzeptabel, da am Ende meistens EU-Richter das letzte Wort hätten.