Beim eigenen Müll ist der Umweltschutz egal
FRAUENFELD. Nach dem Festival bleibt der Abfall. Ab einem gewissen Aufwand verblasse das Umweltbewusstsein, sagt ein Experte.
Die Wegwerfmentalität zeigt sich besonders nach Festivals: Hunderte Zelte bleiben zurück, die Gelände sind komplett zugemüllt. Dabei befürwortet die Mehrheit der Schweizer in Umfragen strenge Regeln und Bussen für Abfallsünder. «Ist der Aufwand zu hoch, wird Umweltschutz zweitrangig», erklärt Konsumpsychologe Christian Fichter den Widerspruch.
Das Drohnenvideo von LeserReporter Christian Tanner und seinem Sohn Marlon zeigt Abfallberge und haufenweise stehen gelassene Zelte auf dem Gelände des Openairs Frauenfeld. Die Abfallansammlung sei ein «Abbild unserer heutigen Konsumund Wegwerfgesellschaft», sagt Tanner. Ein direkter Gegensatz zum vermeintlich gesteigerten Umweltbewusstsein: In einer nicht repräsentativen Umfrage von 20 Minuten im Mai sprachen sich etwa zwei Drittel der über 4000 Teilnehmer für ein Verbot von EinwegPlastikverpackungen aus, Migros und Coop schafften die Gratis-Plastiksäcke ab. Die EU will zudem Plastikröhrli und Plastikbesteck verbieten.
Trotzdem wachsen die Abfallberge. Der Wirtschaftspsychologe Christian Fichter sieht verschiedene Gründe: «Oftmals werden Regelver- stösse von Einzelnen schnell von Nachahmern kopiert.» Häufig verleite auch schlicht Bequemlichkeit zu Wegwerfverhalten. «Menschen sind bis zu einem gewissen Punkt bereit, ihrem Umweltbewusstsein nachzugehen. Sobald dies jedoch mit einem zu hohen Aufwand verbunden ist, wird das Zelt schnell mal einfach liegen gelassen, der Umweltgedanke ist dann zweitrangig.» Dass sich die Wegwerfkultur auch bei Kleidung oder Elektrogeräten zeigt, begründet Fichter mit dem erhöhten Aufwand der korrekten Entsorgung. Die Entsorgungswege seien noch nicht so einfach wie etwa bei PETFlaschen.