Nino Schurters fünfstündiger Marathon nach der Goldfahrt
LENZERHEIDE. Nach dem grossen Triumph hatte der Weltmeister ein Mammutprogramm zu bewältigen.
Verschlafen und mit roten Augen liess sich Nino Schurter gestern nach der Goldfahrt im Hotel blicken. Zwischen Rennen, Medien- und Sponsoren-Terminen lagen rastlose Stunden. Fünf Minuten habe er Zeit gehabt, um die Eindrücke zu reflektieren. «Den Lärmpegel über die ganze Strecke, dieses permanente ‹Nino! Nino!› werde ich nie vergessen. Es fühlte sich an, als wären alle nur für mich da», so Schurter. Vor ihm stand noch der letzte und vielleicht beschwerlichste Teil seines Programms an der Heim-WM, die Treffen mit den Sponsoren: «Der Sonntag wird ein strenger Tag, vielleicht strenger als der Samstag.» Es war ein fünfstündiger Marathon – «von einem Partner zum anderen, von Stand zu Stand».
Über die Jahre hat der 32-jährige Churer gelernt, was er sich zumuten kann und wo er die Grenzen zu setzen hat. Er kann die Signale des Körpers so gut deuten wie kaum ein anderer. Stets dosiert er die Belastung. Mehr als zwei Rennen an aufeinanderfolgenden Wochenen- den fährt Schurter schon länger nicht mehr. Ganz im Gegensatz zu Jolanda Neff. Die 25-jährige St. Gallerin, die sich vor der WM erkältet hatte und als Vierte ohne Medaille geblieben war, mutete sich zuletzt ein Mammutprogramm in Schottland und Kanada in der gleichen Woche zu und war vielleicht auch deshalb geschwächt. «Gesund sein ist das Entscheidende», so Schurter, der nach über zehn Jahren im MountainbikeSport auf sieben WM-Titel, einen Olympiasieg und sechs Siege im Gesamtweltcup zurückblicken kann. Und ein Ende der Ära ist nicht in Sicht. Schurter denkt bereits jetzt über Tokio 2020 hinaus.