Propaganda? Streit um Schul-Lehrmittel
ZÜRICH. Ein neues Lehrmittel verbreite «linkes Gedankengut», so Bürgerliche. Der Verlag wehrt ab.
Werden Schweizer Sekundarschüler mit linken Ideologien indoktriniert? Dies zumindest befürchten die SVP und die FDP des Kantons Zürich. Das Lehrmittel «Gesellschaften im Wandel» verbreite einseitig linke Positionen und erkläre diese kurzerhand zu Fakten. Der Verlag des Buches weist die Kritik zurück: Das Lehrmittel sei politisch ausgewogen.
Das neue Lehrmittel «Gesellschaften im Wandel», das im Fach Geschichte und Politik auf Sekundarstufe I in verschiedenen Kantonen eingesetzt wird, verärgert Politiker. Die SVP Zürich warf gestern der Bildungsdirektion «linke Indoktrination» vor. Die Unia werde etwa als Kämpferin für das arbeitende Volk dargestellt. Offenbar werde der in der Verfassung festgeschriebene Grundsatz der politisch neutralen Ausrichtung der staatlichen Schulen nicht eingehalten. Die SVP hat nun mit der FDP einen Vorstoss im Zürcher Kantonsrat eingereicht, der verlangt, dass die Lehrmittel inhaltlich eine politisch und konfessionell neutrale Gewichtung aufweisen.
Eine Forderung, die es laut Beat Schaller, Leiter des Lehrmittelverlags Zürich, der das Lehrmittel herausgegeben hat, nicht braucht. «Schon jetzt wird bei allen Lehrmitteln auf politische und konfessionelle Neutralität geachtet – so wie es das Bildungsgesetz vorsieht.» Die Kritik kann er nicht nachvollziehen: In jedem Kapitel würden Pro und KontraPositionen genügend Platz eingeräumt. «Neben Globalisierungskritikern kommen auch Globalisierungsbefürworter, neben Arbeitnehmer auch Arbeitgeberverbände zu Wort.» Die Darstellungen seien nicht auf jeder Doppelseite, aber über das gesamte Lehrmittel hinweg gut sichtbar. Die politische Neutralität werde auch von externen Fachleuten sichergestellt, die darauf achteten, dass Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet würden.