Ri Jin-mi ist Nordkoreas Blumenmädchen für alles
PYONGYANG. Das Mädchen, das Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in in Pyongyang empfing, ist keine Unbekannte.
Beim Empfang am Flughafen Pyongyang zum Gipfel zwischen Nord- und Südkorea überreichten ein Bub und ein Mädchen dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in Blumen. Besonders das Mädchen zog die Aufmerksamkeit der südkoreanischen Medien auf sich. «Es ist keine Unbekannte», schreibt die Zeitung «Chosun Ilbo». «Die zwölfjährige Ri Jin-mi erschien im russischen Dokumentarfilm ‹Im Strahl der Sonne› von Witali Manski, der Teile der manipulierten Realität Nordkoreas offenlegte.»
Tatsächlich hatte der Film für Verstimmung zwischen Russland und Nordkorea gesorgt. Manski hatte 2014 die Genehmigung erhalten, einen Film in Nordkorea zu drehen. Die Darsteller waren von der Regierung handverlesen worden. Der Regisseur durfte die Familie und den Alltag von Jin-mi während eines ganzen Jahres begleiten.
Doch statt das Leben des Mädchens farbenfreudig und parteigetreu abzubilden, fing der Russe auch Momente ein, die verdeutlichten, wie stark der Staat seine Bürger kontrolliert und zensiert. Schliesslich warf man den Filmemacher aus dem Land, sein Film wurde aber zum grossen Ärger Nordkoreas sogar in Südkorea ausgestrahlt.
Jin-mis Familie musste öffentlich Busse tun. Die Mutter sagte: «Nicht in unseren wildesten Träumen hatten wir daran gedacht, dass sie einen Verschwörungsfilm drehen würden und dafür meine Tochter missbrauchen.»
Der aktuelle Auftritt des Blumenmädchens in Pyongyang blieb deshalb nicht unbemerkt. Vielleicht, so spekuliert «Chosun Ilbo», wolle Nordkorea damit zeigen, dass «dem Mädchen kein Schaden zugefügt» worden sei.