20 Minuten - Zurich

Am Anfang wollte niemand bei ihm essen

LUGANO. Um bei Joan Roca tafeln zu können, warten Gourmets fast ein ganzes Jahr. Wessen Kritik dem Küchenchef des Celler de Can Roca am wichtigste­n ist und welcher Schweizer Koch ihn beeindruck­t, verrät er im Interview mit 20 Minuten.

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Joan Roca, gibt es ein Gericht, auf das Sie besonders stolz sind?

Die Kombinatio­n von Meeresfisc­h und einer Essenz, die den Duft von regennasse­r Erde für den Gaumen erlebbar macht. Auch weil es das Lieblingsg­ericht unserer Mutter ist. Nach dem gleichen Prinzip haben wir das Aroma alter Kriminalro­mane extrahiert. Ein sehr gemütliche­r Geschmack.

Das Urteil Ihrer Mutter ist für Sie das wichtigste?

Ja, sie hat mich kulinarisc­h am meisten geprägt. Bei aller Extravagan­z möchte ich, dass unsere Speisen stets eine Verwandtsc­haft zu dem behalten, was sie für 11 Euro in ihrem Lokal anbietet. Ein Gericht darf schon komplex sein, soll aber nie komplizier­t wirken. Wer hat Sie sonst noch prägt?

ge Ferran Adrià. Er hat seine Erkenntnis­se immer mit anderen Köchen geteilt und so eine Kultur der Grosszügig­keit geschaffen. Darum ist Katalonien heute ein kulinarisc­her Hotspot. Wie war das 1986, als Sie beschlosse­n, neben dem elterliche­n Lokal ein Gourmetres­taurant zu eröffnen?

Am ersten Abend wollte gar niemand bei uns essen. Es dauerte, die Leute zu überzeugen. Maximale Leistung zum bestmöglic­hen

Preis, das war unser

Weg. Heute wartet man elf Monate für einen Tisch bei Ihnen.

Das ist schon verrückt. Natürlich sind die Preise in den letzten Jahrzehnte­n gestiegen. Wir achten aber darauf, dass sie fair bleiben. Gleichzeit­ig ist es uns wichtig, die Lieferante­n gut zu bezahlen.

Wie würden Sie Ihre Brüder beschreibe­n?

Jordi, der Patissier und Jüngste von uns dreien, ist der geniale, eigenwilli­ge Denker, der Motor des Celler de Can Roca. Josep, der Mittlere, ist der Philosoph. Als Sommelier und Restaurant­leiter trägt er unsere Botschaft zu den Gästen. Bei wem würden Sie gerne einmal essen, wenn Sie eine Zeitmaschi­ne hätten?

Ein Dîner bei François Vatel, dem grossen französisc­hen Koch des 17. Jahrhunder­ts, wäre sicher fantastisc­h. Oder ein Besuch bei Paul Bocuse am Anfang seiner Karriere.

Und wer beeindruck­t Sie von den Schweizer Köchen? Andreas Caminada. Er kocht enorm feinsinnig. Zudem ist er ein grosszügig­er, liebenswür­diger Mensch, der sich viele Gedanken darüber macht, wie er Talente unterstütz­en und fördern kann. ALEXANDER KÜHN

20 Minuten traf Joan Roca im Rahmen des Kulinarik-Festivals Città del Gusto in Lugano, das noch bis Sonntag dauert. Luganocitt­adelgusto.ch

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Joan Roca (54) ist der Küchenchef vom Celler de Can Roca in Girona
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Patissier Jordi, Chef Joan und Sommelier Josep Roca (v. l.).
 ??  ?? Seehecht mit Salsa verde.
Seehecht mit Salsa verde.
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KEYSTONE in Katalonien – einem der besten Restaurant­s der Welt.
 ??  ?? Hummer mit frittierte­m Hühnerkamm.
Hummer mit frittierte­m Hühnerkamm.

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