Kleiderfabrikanten von H&M bezahlen Hungerlöhne
ZÜRICH. Kritik für H&M: In Fabriken von Lieferanten werden Löhne unter der Armutsgrenze bezahlt – obwohl das Unternehmen Besserung gelobt hat.
Zulieferer des Kleiderkonzerns H&M zahlen Löhne, die teils weit unter dem Existenzminimum liegen. Das zeigt eine Untersuchung von Clean Clothes Campaign (CCC) und Public Eye. Besonders in Bulgarien seien die Missstände gross: Selbst in einer 80-Stunden-Woche kommen die Angestellten nur auf 295 Franken im Monat – die Armutsgrenze in Bulgarien liegt für eine Familie mit zwei Kindern bei 427 Franken.
Public Eye kritisiert, dass sich H&M in einem Strategiepapier vor fünf Jahren selbst zur Verbesserung der Situation verpflichtet hatte: «Die Untersu- chung zeigt viele nicht eingelöste Versprechen trotz konkreter Zusicherungen», sagt Public-Eye-Sprecher Oliver Classen zu 20 Minuten.
Eine H&M-Sprecherin sagt zu 20 Minuten, der Konzern respektiere die Meinung der CCC, teile aber nicht deren Ansicht über die Textilindustrie. Es gebe kein allgemein vereinbartes Niveau für existenzsichernde Löhne. Grundlage für CCC ist die Armutsgrenze der EU. Die 427 Franken für einen Alleinverdiener eines vierköpfigen Haushalts, die CCC als existenzsichernd bezeichnet, entspricht laut David Dorn, Professor für internationalen Handel an der Universität Zürich, dem doppelten des bulgarischen Durchschnittslohns. H&M verteidigt sich weiter: Das Lohnniveau in anderen Ländern müsse in fairen Verhandlungen und nicht von westlichen Kleidermarken festgelegt werden. Laut Dorn können Konzerne aber längst nicht so tun, als würden sie die Arbeitsbedingungen nichts angehen: «Seit einigen Jahren gibt es die starke Erwartung vom Konsumenten, dass die Textilfirmen die Verantwortung nicht einfach auf die Zulieferer abschieben.»