Rekruten schikanieren auf Befehl Kollegen
EMMEN. Ein Rekrut aus dem Tessin wurde mit Steinen beworfen. Ein Militärpsychologe erklärt den Fall.
Das Video aus der Fliegerabwehr-RS in Emmen LU verbreitete sich rasant im Netz: Es zeigt, wie ein Rekrut von seinen Kollegen mit Steinen und Nüssen beworfen wird. Laut RSI haben die fünf Deutschschweizer Rekruten auf Befehl des Vorgesetzten gehandelt. Das Opfer stammt aus dem Tessin. Die Szene habe sich am 14. September ereignet. Der betroffene Rekrut wurde laut dem Vater in weiteren Aktionen erniedrigt. So sei er in Unterhosen stehen gelassen worden.
Die Militärjustiz untersucht den Vorfall. Das Verteidigungsdepartement VBS reagierte scharf und sprach von einer «Misshandlung»: Die Armee akzeptiere keine körperliche Züchtigung. Der Chef der Armee werde die betroffene Rekrutenschule besuchen.
Es ist nicht der erste solche Fall in der Armee: 2013 etwa büsste die Militärjustiz einen Kompaniekommandanten mit 500 Franken, weil er ein Ritual autorisiert hatte, bei dem Soldaten unter anderem Katzenfutter und vergorenen Fisch essen mussten. Und 2014 fesselten sieben Rekruten zwei ihrer Kameraden mit Kabelbinder und Klebeband und schlugen ihnen auf den Bauch. Laut Anklage hielt einer der Rekruten im Zuge eines Rituals den Penis über den Kopf des Gefesselten.
Militärpsychologe Hubert Annen sagt, es sei für Armeeangehörige äusserst demütigend, wenn sie wie im jüngsten Fall in Emmen gemobbt werden. Die Gruppendynamik habe sich unkontrolliert in eine falsche Richtung entwickelt. «Dies ist leider noch von der Führungskraft angeordnet und unterstützt worden.» Es brauche Mut, in einer Gruppe aufzustehen und zu sagen: «Stopp, ich will nicht mitmachen.» Dafür sei unter anderem die ständige Angst, selbst ein Aussenseiter zu werden, verantwortlich. Entscheidend sei also, dass ein Klima aufgebaut werde, in dem es gar nie zu einer solchen Eigendynamik kommen könne.