«Making a Murderer»: Diese Frau will Avery freibekommen
MANITOWOC. «Making a Murderer» geht in die Verlängerung. Highlight der Staffel zwei ist Steven Averys neue Anwältin.
Als «Making a Murderer» 2015 auf Netflix erschien, avancierte die Doku-Serie binnen Tagen zum globalen Phänomen. Sie erzählt die Geschichte von Steven Avery, der 1985 wegen Vergewaltigung zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Zu Unrecht, wie sich 18 Jahre später herausstellte. Zwei Jahre nach seiner Freilassung landete Avery wieder vor Gericht. Er und sein Neffe Brendan Dassey sollen eine Frau ermordet haben. Beide wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Und wieder sei Avery unschuldig, legte die Netflix-Aufarbeitung nahe.
Am Status quo änderte das nichts. Er sitzt nach wie vor im Gefängnis, neue Entwicklungen im Fall gab es nicht. Wo setzt also die zweite Staffel an? Da, wo die erste aufhörte.
Avery hat eine neue Anwältin, die den Fall wieder aufrollt. Eine toughe Frau, die im Pelzmantel Pressekonferenzen abhält, zugespitzte Tweets absetzt und keine Hemmungen hat, mehrmals zu behaupten, dass die Polizei Beweisstücke manipuliert habe. Kathleen Zellner (61) ist, zumindest offiziell, felsenfest von Averys Unschuld überzeugt: Sie konsultiert Experten im Gebiet der Forensik, die aus den Blutspuren und sterblichen Überresten des Mordopfers andere Schlüsse ziehen als die Staatsanwaltschaft. Sie macht sich für Avery die Hände schmutzig und stellt Szenarien in aufwendigen Experimenten nach.
Das ist reisserisch und an der Grenze des Geschmacklosen. Man mag sich nicht vorstellen, wie es der Familie des Opfers gehen muss, wenn sie diese Bilder sieht. Ganz zu schweigen davon, dass Methoden zum Einsatz kommen, die als wissenschaftlich umstritten gelten. Das erwähnt Netflix nicht. Die Serie ergreift Partei – das ist gleichzeitig die grösste Stärke und die grösste Schwäche der True-Crime-Sensation.