«Diese negativen Gedanken holen uns immer wieder ein»
ZÜRICH. Wie verarbeitet man einen Sturz wie den von Marc Gisin, und wie gross ist die Gefahr, einen Rückfall zu erleiden?
Dr. Hanspeter Gubelmann, Marc Gisin ist zum zweiten Mal heftig gestürzt: Kann er noch einmal zurückkommen?
Alle im Skizirkus wissen um das Risiko gravierender Stürze. Spitzensportler lernen, damit umzugehen, auch mit den Ver- letzungen. Ob man nach so einem Erlebnis zurückkehren wird, hängt von der Schwere des Ereignisses, der Qualität der Rehabilitation, der mentalen Robustheit und der Qualität langfristiger Unterstützung in Richtung Comeback ab.
Seine Schwester Dominique hatte neun KnieOPs und wurde dennoch Olympiasiegerin. Kann ihm das helfen, den Rückschlag besser zu überwinden?
Aus der Sicht der Psychologie würde man diesbezüglich von stellvertretenden Erfahrungen und Unterstützung sprechen. Solche helfen bestimmt, können aber den eigenen, insbesondere auch seelischen Genesungsprozess nicht ersetzen. Wie schafft man es, den negativen Gedanken zu entfliehen? Es nützt nichts, den negativen Gedanken entfliehen zu wollen – sie holen uns alle, auch Spitzensportler, immer wieder ein. Die Auseinandersetzung mit negativen Gedanken nach Sturzerfahrungen braucht vor allem Raum und Zeit!
Marc Gisin hatte nach seinem schweren Sturz 2015 in Kitzbühel eine traumatische Belastungsstörung. Besteht die Gefahr eines Rückfalls?
Ich will nicht spekulieren! Marc Gisin wird bestimmt eine optimale Akutversorgung erhalten. Aus psychologischer Sicht muss man dem Faktum der Bewusstlosigkeit und dem Grad der erlittenen Gehirnerschütterung besonderes Augenmerk schenken.