Neonazi spuckt Jude an – 12 Monate Gefängnis
ZÜRICH. Ein Neonazi hat 2015 einen Juden in Wiedikon attackiert. Gestern wurde der Fall vor dem Obergericht verhandelt. Seine Strafe wurde halbiert.
Es passierte im Juli 2015 in Wiedikon: Ein heute 31-jähriger Schweizer aus dem Zürcher Oberland nahm an einem Polterabend teil. Als auf der Strasse ein Jude vorbeikam, soll er ihn übel beschimpft, angespuckt und den Hitlergruss gezeigt haben. Der Beschuldigte ist kein unbeschriebenes Blatt. Er wurde als Frontsänger einer Band bekannt, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen ist. Der Neonazi stand schon mehrfach vor Gericht, kam bisher aber mit bedingten und teilbedingten Strafen davon. Nicht so für diese Tat in Wiedikon: Im März 2018 verurteilte ihn das Bezirksgericht Zürich zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe.
Der Beschuldigte zog das Urteil aber weiter vor das Obergericht und forderte einen Freispruch. Gestern kam es zur Verhandlung: Der 31-Jährige betonte, er habe sich geändert. Er habe heute andere Prioritäten als früher – damals «hatte ich nicht viel Respekt», vor nichts. Inzwischen habe er eine Tochter, und Vater zu sein, sei für ihn heute das Wichtigste. Dass er die Nazigesinnung nicht mehr teile, sagte er allerdings nicht.
Auch dem Obergericht scheine es, der Beschuldigte habe sich «zum Besseren verändert», sagte der Vorsitzende. Es halbierte die Strafe des Bezirksgerichts und verurteilte den 31-Jährigen zu 12 Monaten, die er voraussichtlich in Halbgefangenschaft absitzen könne, damit er nicht aus seinem beruflichen und sozialen Netz herausfalle. Zudem muss er dem Geschädigten 3000 Franken zahlen. Das Gericht gebe ihm damit eine zweite Chance, so der Vorsitzende: «Nehmen Sie sie wahr!»