Entführte: «Hatte Albträume, kann niemandem vertrauen»
BERN. Als die Bernerin L. K.* (31) etwa 5 Jahre alt war, wurde sie von ihrem Vater nach London entführt. Das hinterliess bei ihr tiefe Spuren.
Frau K., erinnern Sie sich an den Tag der Entführung?
Es waren gerade Herbstferien. Mein Vater holte mich in der Schweiz ab und wir flogen nach London. Schritt für Schritt wurde mir dann eröffnet, dass ich für immer dort bleiben sollte.
Was für Erinnerungen haben Sie ans halbe Jahr in England? In der Schweiz war ich im Kindergarten, in London wurde ich plötzlich eingeschult. Ich bekam ein eigenes Zimmer. In dieser Zeit liefen auch die Vorbereitungen für die Hochzeit meines Vater mit seiner neuen Frau, die ich Mami nennen sollte. Ebenso wurde ein Adoptionsverfahren vorbereitet. Wie kamen Sie zurück in die Schweiz?
Nach sechs Monaten stand die Polizei vor der Tür. Am Flughafen London wurde ich dann meiner Mutter übergeben. Wir konnten aber nicht gleich zurück, wir mussten auf der Polizeistation warten. Ich hatte Panik, dass mich jemand wieder von meiner Mutter wegholt – auch in der Schweiz noch. Inwiefern hat Sie das Geschehene geprägt?
Bis in die Jugendzeit hatte ich Albträume von der Zeit in England. Auch heute fällt es mir schwer, Leuten zu vertrauen. Das Misstrauen sitzt tief in mir. Was für eine Beziehung haben Sie zu Ihrem Vater?
Obwohl wir uns heute gut verstehen, war mein Vater nie ein Vater für mich. Es ist irgendwie zu viel und gleichzeitig zu wenig passiert.
Was hat sich seither geändert? Er ist für seine Enkel viel mehr da, als er es je für mich und meinen Halbbruder war.
Was für eine Beziehung haben Sie zu Ihrer Mutter?
Sie ist weiter meine Bezugsperson, eine super Frau. *Name der Redaktion bekannt