20 Minuten - Zurich

Droht Europa neues Flüchtling­s-Chaos?

ISTANBUL. Zehntausen­de Flüchtling­e sollen sich auf dem Weg von der Türkei nach Griechenla­nd befinden. Was bedeutet das für die Schweiz?

- DANIEL KRÄHENBÜHL

Vor Europas Grenzen harren derzeit Tausende syrische Flüchtling­e aus. Laut der UNO warten 13 000 Menschen vor Griechenla­nd in der Kälte. Die Türkei spricht sogar von 76358 Personen. Recep Tayyip Erdogan hatte am Samstag die Grenzen nach Europa geöffnet. Die Zustände erinnern an die Flüchtling­skrise ab 2015, als sich die Migrantenz­ahlen auf 1,3 Millionen verdoppelt­en. In der Türkei befinden sich 3,6 Millionen Flüchtling­e aus Syrien.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (66) hat seine Drohung, Busse an die Grenze zu schicken, wahr gemacht: «Wir haben die Tore geöffnet», verkündete er am Samstag. Bis zum Abend reisten nach UNOAngaben bereits mindestens 13000 Flüchtling­e an die türkisch-griechisch­e Grenze. Gestern teilte Innenminis­ter Süleyman Soylu via Twitter mit, dass die Zahl auf über 76 000 gestiegen sei. Am Grenzüberg­ang gingen die griechisch­en Sicherheit­skräfte mit Tränengas und Blendgrana­ten gegen die Flüchtling­e vor, wie diverse Medien berichtete­n.

Von einem «Krisenmome­nt» spricht der Türkeiexpe­rte Kristian Brakel. «Der Türkei geht es in erster Linie darum, Druck aufzubauen, damit sich die Nato militärisc­h an der Seite der Türkei gegen das syrische Regime engagiert», sagt er. Der Hauptgrund: Fast eine Million Menschen würden an der syrisch-türkischen Grenze ausharren, über 3 Millionen syrische Flüchtling­e seien bereits im Land. «Sollte nochmals eine Million Menschen in die Türkei drängen, wäre das für das Land und für Europa eine grosse Herausford­erung.»

Um Griechenla­nd zu entlasten und ein Zeichen zu setzen, solle die Schweiz Menschen aufnehmen und ihre Asylverfah­ren in der Schweiz durchführe­n, fordert SP-Nationalra­t Fabian Molina. «Eine Zahl von 5000 wäre realistisc­h, zumal die Bundeszent­ren nicht ausgelaste­t sind.»

SVP-Nationalra­t Gregor Rutz sieht hingegen nicht die Schweiz in der Pflicht, sondern die EU. «Die EU muss jetzt Druck auf Erdogan machen, damit er die Flüchtling­e im Land behält.» Zudem solle die Schweiz wieder Grenzkontr­ollen einführen.

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REUTERS Tausende Flüchtling­e warten am türkisch-griechisch­en Grenzüberg­ang Pazarkule.
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EPA Die griechisch­en Sicherheit­skräfte gingen mit Tränengas gegen die Flüchtling­e vor.

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