20 Minuten - Zurich

Infektiolo­ge: «Der Exit-Plan ist ein Experiment»

ZÜRICH. Der Infektiolo­ge Huldrych Günthard vom Universitä­tsspital Zürich analysiert den Exit-Plan des Bundesrats.

- MME

Herr Günthard, der Lockdown wird bald gelockert – müssen wir mit erneut explodiere­nden Neuansteck­ungen rechnen?

Ich glaube nicht, obwohl wir das natürlich erst im Nachhinein wissen. Wir haben aber noch eineinhalb Wochen Zeit, bis der Exit in Kraft tritt, da können wir hoffen, dass die Fallzahlen bis dann noch weiter zurückgehe­n. Irgendwann muss man den Exit wagen. Ich finde es gut, dass der Bundesrat nun mit einer gestaffelt­en Lockerung der Massnahmen beginnt.

Liess sich der Bundesrat zu fest von der Wirtschaft drängen?

Ich finde nicht. Ob das Tempo richtig ist, weiss derzeit aber natürlich noch niemand, man muss diesen Exit-Plan als Experiment sehen. Klug finde ich die verschiede­nen Etappen, die nachkontro­lliert werden können. Und wichtig ist die Message des Bundesrate­s an die Bevölkerun­g: Hygiene- und Abstandsre­geln müssen weiter eingehalte­n werden.

Coiffeure gehören zu den Ersten, die wieder öffnen dürfen. Restaurant­s sind hingegen nicht einmal explizit erwähnt worden.

Coiffeure und Kosmetikbe­triebe bieten überschaub­are Einszu-eins-Dienstleis­tungen an. Anders als etwa die Abläufe in

Restaurant­s.

Wird es möglich sein, das Virus ganz aus der Gesellscha­ft zu verbannen, indem man mit Massnahmen wie den aktuellen und jenen im Exit-Plan versucht, die Reprodukti­onsrate des Virus gegen null zu drücken?

Das wird in gewissen Regionen vielleicht möglich sein, aber wir sind nicht allein auf der Welt, und irgendwann müssen ja auch die Grenzen wieder öffnen. Das Virus ist zu leicht übertragba­r, als dass wir es ganz eliminiere­n können. Bis wir eine Impfung oder wirksame Medikament­e haben, müssen wir Formen des Zusammenle­bens zwischen uns Menschen und dem Virus entwickeln, die Gesundheit und Wirtschaft unter einen Hut bringen. Mit der ersten Phase der Lockerung beginnt der Test, ob das gelingen wird.

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