Hat Asylsuchender (25) im Sudan Frauen entführt?
ZÜRICH. Ein Eritreer soll mitgeholfen haben, Frauen im Sudan zu entführen. In Zürich wurde er von einem Opfer wiedererkannt. Nun kommt er vor Gericht.
Mit einem ungewöhnlichen Fall von Lösegelderpressung wird sich das Bezirksgericht Bülach am kommenden Dienstag befassen. Angeklagt ist ein 25-jähriger abgewiesener Asylsuchender aus Eritrea, dem die
Staatsanwaltschaft qualifizierte Geiselnahme vorwirft.
Die Tat geht auf April 2015 zurück. Damals waren zwei junge Frauen aus Eritrea in ein Flüchtlingslager in Äthiopien geflohen und wollten von dort weiter Richtung Europa. Im Sudan wurde die Gruppe aber von einer bewaffneten Bande arabischer Nomaden überfallen. Die Männer brachten sechs Opfer mit Lieferwagen an einen unbekannten Ort, wo sie unter sengender Sonne und zumeist gefesselt im Freien lebten. Dort wurden die Frauen geschlagen und vergewaltigt. Die Menschenhändler drohten den Angehörigen telefonisch, die Frauen zu töten oder in ein anderes Land weiterzuverkaufen, wo man ihnen Organe entnehmen werde, wenn sie nicht 15 000 Dollar pro Frau bezahlen würden. Dabei fungierte der Beschuldigte als Dolmetscher, da er auch Arabisch sprach. Später reduzierten die Entführer den Betrag auf 3000 Dollar, was die Angehörigen bezahlen konnten. Danach wurden die Frauen nach sechs bis acht Wochen Gefangenschaft schliesslich freigelassen.
Laut Anklageschrift ist der 25-jährige Eritreer als Hauptbeteiligter der Geiselnehmerbande angeklagt. Er sei an der Planung und Ausführung der Entführung sowie an den Vergewaltigungen beteiligt gewesen. Der nicht geständige Mann sitzt seit August 2019 in Haft – eines der Opfer hatte ihn in
Zürich wiedererkannt, wohin er als Asylbewerber gereist war. Gemäss dem sogenannten Weltrechtsprinzip wird er aber nur wegen Geiselnahme angeklagt.