Service-Angestellte bangen ums Trinkgeld
ZÜRICH. In Restaurants wird vermehrt kontaktlos bezahlt, dabei gibts oft kein Trinkgeld: Serviceangestellte erzählen.
Seit Mitte Mai kann man in der Schweiz wieder in Beizen essen gehen. Die Gäste zahlen wegen Corona nun vermehrt kontaktlos: einfach kurz Karte an das Terminal halten oder QR-Code scannen, und die Rechnung ist beglichen. Doch viele verzichten darauf, Trinkgeld zu geben – das Gerät fragt beim kontaktlosen Bezahlen nicht danach.
Patrick Bircher, CEO der Pizzakette Dieci, bestätigt dies: «Im Restaurant bezahlen viele Gäste mit der Karte, bei den Kurierdiensten sind wir während des Lockdown ganz auf kontaktloses Bezahlen umgestiegen.» Das habe sich natürlich bemerkbar gemacht. Falle das Trinkgeld weg, sei das für viele ein Problem: «Das Trinkgeld macht schnell 10 bis 20 Prozent des Lohns aus.» Dies spürt auch Anita (35), die seit zwölf Jahren als Serviceangestellte arbeitet: «Im Monat erhielt ich etwa 150 Franken Trinkgeld.» Nun seien es etwa 80 Franken. «Mit dem Lohn allein kommt man nur sehr knapp über die Runden», so die Freiburgerin. Mit weniger Trinkgeld und Kurzarbeitslohn müsse sie sich jetzt zweimal überlegen, was sie einkaufe. Ähnlich tönt es bei Fatos Marina (26). Er arbeitet zu 100 Prozent als Kurier bei Dieci in Oerlikon: «Vor der Krise verdiente ich einige Hundert Franken pro Monat mit Trinkgeld, nun ist das komplett weggefallen.»
Mauro Moretto, Branchenverantwortlicher bei der Unia, weist darauf hin, dass während der Krise Gastroangestellte mit Kurzarbeit sowieso weniger verdienen als ohnehin schon. «Der Gast sollte daher vielleicht beim Trinkgeld etwas grosszügiger sein.» Urs Pfäffli, Präsident von Gastro Zürich City, stellt aber auch eine erfreuliche Entwicklung fest: «Viele wissen, dass die Krise uns hart getroffen hat, und geben eher mehr.»