Exit-Strategie: Infektiologe rät zu dosierten Lockerungen
BERN. Infektiologe Andreas Widmer erklärt, wie die Rückkehr in die Normalität im Sommer glücken könnte.
Die gestern verkündeten Lockerungen begründete der Bundesrat mit dem guten Voranschreiten beim Impfen der Risikogruppen und dem laufend ausgedehnten Testen. Das erlaube es, den vor Ostern verschobenen Öffnungsschritt jetzt zu machen. Zugleich erinnerte Alain Berset an die fragile Situation, vier von fünf Richtwerten für Öffnungsschritte seien derzeit nicht erfüllt.
Wie der Weg zurück in die Normalität konkret aussieht, liess Berset offen. Klar ist: Die weiteren Öffnungen orientieren sich an einem 3-Phasen-Modell. Zurzeit befindet sich die
Schweiz noch in Phase 1: Da noch nicht alle Risikogruppen geimpft sind, gibt es wenig Spielraum für Lockerungen. In Phase 3 sind dann alle Impfwilligen geimpft – einschneidende Massnahmen fallen. Das Ziel sei weiterhin, dass die dritte Phase bis im Sommer erreicht werde.
Infektiologe Andreas Widmer befürwortet den jüngsten Schritt grundsätzlich. Die Öffnungen seien das geringere Übel. «Ich befürchte einen Verlust der Kontrolle über die Pandemie, wenn der Bundesrat hart geblieben wäre.» Für
Widmer ist in den kommenden Phasen wichtig, dass man die Bevölkerung bei der Stange halte. Das Rezept dazu seien dosierte, schrittweise Öffnungen. «So haben die Menschen eine Perspektive und sehen den Sinn in den Massnahmen.» Grosse Öffnungsschritte hingegen würden einen Jo-Jo-Effekt auslösen. «Einen Lockdown würde die Bevölkerung nicht mehr akzeptieren.» Und auf dem Weg zurück zur Normalität seien Tools zentral, die Impfungen, Antikörper oder einen negativen Test nachweisen. Daher dürfe beim Impfen keine Zeit mehr verloren werden. Widmer schliesst aber nicht aus, dass es noch einmal zu Rückschlägen kommen könnte. Der Bundesrat hat denn auch Schwellenwerte festgelegt, wann er wieder verschärfen würde.
«Die Bevölkerung würde einen neuen Lockdown nicht mehr akzeptieren.»