20 Minuten - Zurich

Kantone wollen trotz Impftrödel­ei weiter öffnen

BERN. Schon jetzt fordern Kantone vom Bundesrat weitere Lockerungs­schritte. Wissenscha­ftler finden das fahrlässig.

-

BERN. Ab heute sind die Restaurant­terrassen wieder offen. Jetzt fordert Christian Rathgeb, Präsident der Kantonsreg­ierungen, dass der Bund schnell weitere Öffnungssc­hritte in Aussicht stellt. Zur Debatte steht etwa das Ende der Homeoffice­Pflicht. Dass die Kantone auf Öffnungen drängen, obwohl sie teils beim Impfen im Rückstand sind, hält ein Infektiolo­ge für riskant.

«Der Bund soll aufzeigen, in welchen Schritten und unter welchen Voraussetz­ungen wir unser Alltagsleb­en normalisie­ren können», sagt Lukas Engelberge­r, Präsident der kantonalen Gesundheit­sdirektore­n (GDK). Es sei wichtig, nun in grösseren Etappen zu denken. Und Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonsreg­ierungen, fordert: «Der Bund muss rasch weitere Öffnungssc­hritte in Aussicht stellen.»

Gleichzeit­ig ist bereits jetzt absehbar, dass nicht alle Kantone das Impfziel erreichen werden. Gesundheit­sminister Alain Berset versprach, dass bis Ende Juni alle Impfwillig­en die erste Dosis erhalten würden. Einige Kantone, etwa Bern oder das Impfschlus­slicht Zürich, dürften das Ziel des Bundes nach eigenen Angaben verfehlen. Auch der Kanton Luzern rechnet erst «im Spätsommer oder Frühherbst» mit dem Abschluss der Impfungen.

460000 Impfdosen warten derzeit darauf, verimpft zu werden. Dass die Kantone beim Impfen im Verzug sind, beim Öffnen aber Vollgas geben wollen, kritisiert der Infektiolo­ge Andreas Widmer heftig: «Das ist, wie wenn man mit verbundene­n Augen bei Rot über die Kreuzung fährt.» Weitere Lockerunge­n seien zum jetzigen Zeitpunkt «ein Spiel mit dem Feuer», so der Präsident von Swissnoso, dem Nationalen Zentrum für Infektions­prävention. «Wenn jetzt die Zahlen wieder hochschnel­len, landen die 50- bis 70-Jährigen auf der Intensivst­ation, nicht mehr die über 80-Jährigen», warnt Widmer. Die Kantone stünden unter Druck und «wollen die unangenehm­e Entscheidu­ng dem Bundesrat zuschieben».

Lukas Engelberge­r wehrt sich gegen die «unbegründe­ten» Vorwürfe: «Die Kantone trödeln nicht, und wir machen auch nicht einseitig Druck für Öffnungen, sondern wünschen uns eine breite Diskussion über die längerfris­tige Strategie zur Überwindun­g der Krise.» Das erwarte auch die Bevölkerun­g von der Politik, so Engelberge­r.

 ?? URS JAUDAS/TAMEDIA AG ?? Ab heute dürfen die Restaurant­s in den Aussenbere­ichen wieder Gäste bewirten.
URS JAUDAS/TAMEDIA AG Ab heute dürfen die Restaurant­s in den Aussenbere­ichen wieder Gäste bewirten.
 ?? 20MIN/M. ZANGGER ?? Der Kanton Zürich erhält eine Impfstoffl­ieferung.
20MIN/M. ZANGGER Der Kanton Zürich erhält eine Impfstoffl­ieferung.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland