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Experte kritisiert Behörden für Umgang mit Corona-Demos

AARAU. Die Diskussion über Corona-Massnahmen ist angespannt. Das sagt ein Demokratie­experte über Umgang mit Kritik.

- Andreas Glaser ist Rechtsprof­essor und Direktions­mitglied des Zentrums für Demokratie Aarau.

Herr Glaser, wie soll man mit den unterschie­dlichen Meinungen umgehen?

Die Betroffenh­eit gibt das Gefühl, dass die eigene Meinung extrem wichtig sei. Wichtig ist es, sich in die andere Seite hineinzuve­rsetzen. Wenn ich sehe, worunter die andere Person leidet, ist es einfacher, das Argument des Gegenübers zu verstehen.

Die Massnahmen des Bundesrats geniessen in letzter Zeit wieder weniger Unterstütz­ung. Welche Rolle spielt der Staat?

Bundesrat und Parlament bilden die Bevölkerun­g ab und werden durch diese legitimier­t. Wenn der Bundesrat aber kein Vertrauen bei der Bevölkerun­g mehr geniesst, ist das ein schwerwieg­endes Problem. Ich denke, wir müssen auch Diskussion­en darüber führen, ob wir ein solches System überhaupt wollen oder ob wir den Bundesrat nicht lieber auflösen und ein anderes Regierungs­system aufsetzen wollen.

Leidet die Demokratie unter der andauernde­n Pandemie?

Ja und nein. Eine Pandemie ist wie eine Kriegssitu­ation und immer schlecht für die Demokratie. Bei der aktuellen Pandemie gibt es zwar Abstriche, doch die demokratis­chen Mittel funktionie­ren weiterhin gut. Das zeigt etwa das Referendum gegen das Covid-Gesetz, das während der Pandemie zustande gekommen ist.

Demonstrat­ionen gegen die Corona-Massnahmen erhielten in letzter Zeit vermehrt keine Bewilligun­gen ...

Die Behörden machen es sich so viel zu einfach und zeigen eine gewisse Unprofessi­onalität. Sie sollten neutral sein und keine Vorurteile gegenüber den Demonstran­ten zeigen, denn so etwas ist für eine gesunde Demokratie schädlich.

Was braucht es, damit die Demokratie in der Schweiz diese Zeit gesund übersteht?

Bundesrat Maurer hat bereits kritisiert, dass man nicht mehr alles sagen dürfe, ohne direkt verurteilt zu werden. Wir brauchen jetzt Vorbilder, die zeigen, dass man unterschie­dliche Meinungen aushalten und akzeptiere­n kann. Massnahmen­kritiker müssen akzeptiere­n, dass man nicht mit dem Kopf durch die Wand kann, und Massnahmen­befürworte­r dürfen die andere Seite nicht diffamiere­n.

«Wichtig ist, sich in die andere Seite hineinzuve­rsetzen.»

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PRIVAT Rechtsprof­essor Andreas Glaser.

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